Vintage-Uhren

Cartier Tank: Der Panzer

1917 greifen die amerikanischen Truppen in das Geschehen des ersten Weltkrieges ein und stehen den europäischen Nationen bei. Erfolgreich setzen die Einheiten dabei Panzer ein, die damals noch eine Neuheit auf den Schlachtfeldern sind. “Tanks” werden die mobilen Geschütze auf Ketten genannt; als Erinnerungsstück und Ehrung überreicht Cartier eine Uhr gleichen Namens an die couragierten Befehlshaber. Deutlich inspiriert ist sie von der Optik der britischen Mark-IV-Panzer. Eckig und relativ flach kommt der Zeitmesser daher, der nur zwei Zeiger in der klassischen Breguet-Form und keinerlei sonstige Zusatzfunktionen zu bieten hat. Bereits damals sind die römischen Ziffern typisch für das Design, sie schmücken bis in die Gegenwart einen Großteil aller verkauften Tank-Uhren.

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Eine Tank in Platin aus den 1980er Jahren: Markant, geradlinig und ehrlich. ©Antiquorum

Ein Klassiker ist geboren

Die Tank gehört neben den Baureihen “Santos” und “Pascha” zu den Ikonen aus dem Cartier-Angebot und feiert 2017 den 100. Geburtstag. Dabei ist die Tank in den 20er-Jahren des letzten Jahrhunderts mehr als nur eine neue Armbanduhr – sie ist Wegbereiter für die Armbanduhr generell. In jenen Jahren herrscht noch eine geringe Akzeptanz für die Zeitmesser dieser Art – und viele Hersteller bauen lediglich Taschenuhren mit Halterungen zu Armbanduhren um.

Mit der Tank möchte Cartier hingegen ein integrierendes Design schaffen, bei dem das Band in das Gehäuse übergeht und mit markanten Anstößen Teil des Gesamtkunstwerkes wird. Der Lederriemen soll also nicht nur der Befestigung am Arm dienen – sondern auch der Optik. Schauspieler wie Clark Gable oder Gary Cooper tragen eine Tank, später weitere Prominente wie Andy Warhol, Simone Signoret,Yves Montand und Duke Ellington.

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Aus den 1970er Jahren: Die Tank in Gelbgold, Saphirkrone, Eisenbahnminuterie und gebläute Zeiger. ©Antiquorum

Eine Ikone als Wertanlage

Historische Modelle der Baureihe Tank sind eine echte Wertanlage. Selten findet man solche Uhren im Handel, meist bei spezialisierten Auktionshäusern wie Antiquorum. Eine Tank aus den 1920er-Jahren kann leicht einen Preis von 30.000 Euro und mehr erzielen – je nach Modell und Gehäuseform, wobei einige durch große Seltenheit hervorstechen. Besonders wertvoll ist die langgestreckte Tank Cintrée, deren Gehäuse nicht nur länger ist als das der Tank Normale, sondern auch ergonomisch gewölbt. 1921 wird die Cintrée präsentiert und erhält Ende der 20er-Jahre auch – anders als die sonstigen Tank-Modelle – arabische Zahlen für das Zifferblatt.

Die Tank Normale ist günstiger zu haben, doch aus den frühen Baujahren ebenfalls sehr selten. Je nach dem Zustand der Uhr begegnen dem Interessenten Preise von 8.000 Euro bis hin zu mehr als 15.000 Euro – wenn überhaupt eine der Uhren verkauft wird.

Noch in den 20er-Jahren beginnt Cartier, die Tank als Plattform für Varianten zu nutzen – bis heute eine Strategie des Hauses. Die gewölbte Cintrée ist erst der Beginn – 1922 folgt die Tank Chinoise mit betontem Gehäuse, das vor allem durch die noch stärker auftretenden Bandanstöße auffällt. Zu diesem gestalterischen Motiv inspirieren die Arkaden chinesischer Tempel. Auch diese Modelle, die in Gold mit oder ohne Brillant- und Steinbesatz zu haben sind, werden heute – nach Zustand – für 5.000 bis 15.000 Euro gehandelt. In manchen Fällen können die Preise noch höher liegen.

1965 stirbt Pierre Cartier, und das Unternehmen fällt aus dem Besitz der Familie. Es dauert bis in die 70er-Jahre, ehe unter der Leitung von Robert Hocq und Joseph Kanoui der Wiederaufstieg von Cartier einsetzt und mit neuem Marketing neue Märkte erschlossen werden. Hocq entwickelt dabei 1974 mit dem späteren langjährigen CEO Alain Dominique Perrin ein neues Konzept: Les Must de Cartier – mit der Intention, neue Zielgruppen zu erschließen. Auch die Tank spielt in den Plänen eine Rolle und wird zu einem der wichtigsten Modelle der neuen Kollektionen.

Wechselhafte Zeiten

Damit zieht ein neuer Werkstoff in die Fertigung der klassischsten aller Tank-Modelle ein: Vermeil. Es entsteht, indem das Gehäuse aus Sterling-Silber 925 gefertigt und anschließend mit 20 Mikron Gold überzogen wird. Ebenfalls neu sind die Antriebe, denn nun finden sich auch Quarzwerke in den Uhren von Cartier. In der Grundform ist sich die Tank aber treu geblieben. Neben dem rechteckigen Gehäuse, blauen Zeigern und römischen Ziffern ziert die Uhr immer noch der bekannte blaue Saphir-Cabochon der Krone. In der Kollektion Must de Cartier fallen allerdings die römischen Zahlen weg – bunte Zifferblätter in verschiedenen Farben machen die Tank zu einem besonders modischen Accessoire.

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Eine Tank aus der Kollektion „Les must de Cartier“. Die vergoldete Uhr aus massivem Silber erschloss neue Käuferschichten und gilt heute als günstiger Einstieg in die Welt der Tank. Hier mit Zifferblatt in Tricolor-Gold abgebildet. ©Antiquorum

Solche Modelle sind heute der günstige Einstieg in ein Leben mit dem Mythos Cartier. Für 400 bis 500 Euro werden die Modelle in meist getragenem Zustand gehandelt, für 700 bis 1.000 Euro sind bereits sehr gut erhaltene Quarz- oder Handaufzugsmodelle über Plattformen wie Chrono24 zu kaufen. Dem Suchenden begegnen die Tank-Modelle dort außer in Vermeil auch komplett in Silber, in massivem Gold oder in Platin. Die Preise der Massiv-Modelle liegen dabei wesentlich über denen der vergoldeten. Eine Tank ist immer modern – so viel steht nach einer Betrachtung der Historie fest. Doch Cartier nutzt die Linie auch in den letzten 30 Jahren, um stets für neue Formen zu sorgen. Die Tank Américaine greift so 1989 das Motiv der ergonomisch gewölbten Uhr wieder auf.

Transfer in die Moderne

Mit Metallband kommt 1996 die Tank Française auf den Markt. Deutlich wuchtiger zeigt sich die Uhr, die in verschiedenen Materialkombinationen und mit Automatik- oder Quarzwerk zu haben ist. Bis heute wird das Uhrenmodell gebaut und erfreut sich in der Kollektion neben dem Original mit der größten Beliebtheit. Auf dem Gebrauchtmarkt beginnen die Preise für Modelle in Stahl bei Beträgen knapp unter 2.000 Euro, für Modelle in Edelmetall bei etwa 3.500 Euro, durch Steinbesatz steigen die Preise auf über 5.000 Euro.

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Tank Française – wasserdicht, alltagstauglich – und mit Metallband. Die Edelstahluhr unterstreicht die Linie der Tank, bietet aber noch weit mehr. Im Inneren kommt ein Automatikwerk zum Einsatz. ©Antiquorum

Auch in den Uhren bleibt die Zeit nicht stehen – 2008 bringt Cartier ein eigenes Manufakturwerk auf den Markt, das ein Jahr danach auch in der Tank Américaine Premiere feiert. Das Kaliber 9452 MC mit Genfer Punze bietet ein fliegendes Minutentourbillon mit sichtbarem Käfig – in Form des Cartier-C. Auch 2012 ist ein Jahr der Tank, drei neue Modelle kommen auf den Markt. Dabei werden historische Merkmale – teils aus alten Kollektionen, teils aus dem Skizzenbuch Louis Cartiers – feinsinnig und modern zitiert. So kommen die Stilmittel der Tank Louis Cartier von 1922 in der Tank Louis Cartier XL auf Zifferblatt und Gehäuse. Mit knapp über fünf Millimetern Gehäusehöhe ist die Uhr deutlich flacher als das Vorbild aus den 20er-Jahren.

Nach Tank Américaine und Tank Française kommt die Tank Anglaise, um ein wenig Gleichgewicht in die internationale Verteilung der Tank-Uhren zu bringen. Mit der Form des Rechtecks bricht die Tank Folle, die in ihrer abstrahierten Gestaltung dennoch eine Tank ist: Neben der Cabochon-Krone sind Zeiger und Zifferblatt mit der Chemin-de-Fer-Minuterie charakteristisch.

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Eine seltene Cartier Tank, Ref. 2772: Nur 20 Stück wurden von der Uhr in Platin gebaut, mit hochfein skelletiertem Uhrwerk. Die Faltschließe am Alligatorband besteht aus 18-karätigem Weißgold. ©Antiquorum

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