Porträt

From Russia with Pride: Sturmanskie

Für Uhrensammler hatte Russland immer einiges zu bieten – Marken wie Poljot, Wostok oder Raketa waren zu bezahlbaren Preisen zu haben und boten mechanische, ausgereifte Werke mit guter Qualität. Auch im heutigen Russland werden Uhren hergestellt, designt und vertrieben. Im Jahr 2000 wurde Volmax durch ehemalige Mitarbeiter der ersten Moskauer Uhrenfabrik gegründet. Die Gesellschaft besitzt die Markenrechte an drei russischen Uhrenmarken: Aviator, Buran und Sturmanskie.

Die Marke Sturmanskie ist vor allem der russischen Raumfahrthistorie gewidmet – schließlich trug Juri Gagarin als erster Mensch im Weltall am 12. April 1961 eine Sturmanskie aus der Produktion der Ersten Moskauer Uhrenfabrik am Handgelenk. Die Uhren werden in Moskau montiert, die Komponenten zugeliefert.

Katerina A. Helwig ist die Designerin, die hinter den Entwürfen von Marken wie Sturmanskie und Denissov steht. In einem Interview beschreibt der kreative Kopf hinter dem russischen Uhrendesign, was als Inspiration dient und wie die Raumfahrthistorie Einfluss findet.

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Katerina A. Helwig mit einer Sturmanskie aus der Vintage-Kollektion.

Katerina, Du bist die Designerin für die Modelle der russischen Marke Sturmanskie und einige andere Hersteller. Wie ist Deine Leidenschaft für das Design von Armbanduhren entstanden?

Dieser Schritt war schicksalhaft in meiner professionellen Ausrichtung. Zu Beginn meiner Karriere als Produktdesigner hat mich Denissov zur Zusammenarbeit eingeladen. Dabei habe ich realisiert, das eine Uhr ein Objekt mit speziellen Eigenschaften ist. Es ist mit mechanischer Kunst verbunden, aber auch ein Ausdruck der Persönlichkeit des Uhrenträgers. Also ist eine Uhr auch ein modischer Artikel. Für Designer ist eine Uhr ein sehr komplexes Produkt, und nahe an einer Herausforderung wie beispielsweise ein Automobil. Allerdings alles miniaturisiert! Eine Uhr kann aber auch ein Stück Juwelierarbeit sein, oder sogar angewandte Kunst. Ich denke, eine Uhr hat mehr Interpretationsmöglichkeiten als andere Designobjekte.

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Eine Konstruktionszeichnung für des Design die Sturmanskie Mars.

Was inspiriert Dich für ein neues Design?

Das ist immer unterschiedlich, abhängig von der Marke, der Kollektion – das Spektrum reicht von Art Deco bis zur Eroberung des Weltalls wie bei den Uhren von Sturmanskie. Ich liebe die Arbeit mit verschiedenen Stilrichtungen, die unterschiedliche Aufgabenfelder erfüllen. Ein Briefing zu Beginn ist wichtig, Einschränkungen hingegen stören die Kreativität. Die Proportionen, die Ästhetik der Form – das alles ergibt meinen Zugang zu Design.

Deine Designs sind reichhaltig. Die Denissov Enigma, oder die Sturmanskie Gagarin mit GMT, und speziell die Mars Lady zeigen eine enorme Spanne. Wie sehr beeinflusst die russische Geschichte und Design Deine Uhren?

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Die Sturmanskie Mars Automatic von vorne: Eine außergewöhnliche Uhr, als Uhrwerk kommt ein Miyota 9015 zum Einsatz.

Die russische Designgeschichte und die russische Uhrmachertradition haben starken Einfluss auf das Design von Marken wie Sturmanskie oder Denissov. So ist die Mars Lady beispielsweise eine Uhr, in der sich Elemente eines zeitgenössischen Konstruktivismus finden. Dieser große Stil hat in Russland nur kurz Bestand gehabt, aber einen massiven Einfluss auf das globale Design des 20. Jahrhunderts ausgeübt.

Die russische und vorher die sowjetische Uhrenindustrie waren reichhaltig. Poljot, Wostok, Raketa: Diese Fabriken haben bis auf wenige Ausnahmen heute keinen Bestand mehr. Was ist der Stand der russischen Uhrenindustrie Ende 2016?

Viele Errungenschaften der sowjetischen Uhrenindustrie sind heutzutage verloren. Es gab riesige Fabriken, die jährliche Produktion war immens. Die größten Vorteile waren die hohe Zuverlässigkeit und die einfache Wartbarkeit bei gleichzeitig geringen Kosten.

Mittlerweile gibt es aber andere Aktivitäten in der russischen Uhrenindustrie, die in der Sowjetunion nicht möglich waren: Eine neue Generation von sehr begeisterten Uhrmachern wie das Team, das Sturmanskie entwickelt hat, oder Uhrmacher wie Konstantin Chaykin und Valentin Erofeev, die ihre eigenen Kaliber entwickeln. Was die Uhrwerke angeht, haben wir jetzt die Wahl: Es gibt Kaliber aus russischer Fertigung, aber wir haben auch die Möglichkeit, Werke aus Japan und der Schweiz einzusetzen. Für Sturmanskie suchen wir für jedes Uhrenmodell das bestpassende Uhrwerk aus.

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Instrument und Kunststück zugleich.

Ist Sturmanskie eher auf dem heimischen Markt zu finden, oder werden auch internationale Absatzmärkte bedient?

Sturmanskie ist nicht nur in Russland zu kaufen, sondern weltweit – Europa, USA, Süd-Ost-Asien und Japan, und noch viele weitere!

Was gefällt den russischen Uhrenkäufern am besten – eigene Geschichte, Uhrwerke, Design – oder die Herkunft der Uhr?

Ich glaube, der russische Käufer ist heute nicht sehr anders im Geschmack als der europäische Uhrenkäufer. Ein Herkunftsland ist dann wichtig, wenn es als Garantie für eine gewisse Qualität angesehen werden kann. Die Marke selber spielt eine wesentliche Rolle für den Uhrenkauf. Der heutige Käufer ist allerdings auch wesentlich besser informiert als je zuvor, und trifft daher sehr komplexe Entscheidungen.

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Die Denissov Enigma, designt von Katerina A. Helwig, angetrieben von einem ETA 2824-2. ©Denissov Watches

Was für Uhrwerke werden heute bei Sturmanskie verwendet?

Wir verwenden einige Optionen, die nach unserem Gefühl am besten zur jeweiligen Kollektion passen. Für limitierte Auflagen nutzen wir Werke von Poljot und Vostok – allesamt mechanisch, mit Handaufzug und Automatik. Für Modelle mit größeren Serien setzen wir Werke von Miyota und Seiko aus Japan ein.

Für weitere limitierte Serien nutzen wir Werke aus der Schweiz, sowohl mechanisch als auch mit Batterie. Wir versuchen damit auch den Ansprüchen unserer Kunden bestmöglich entgegenzukommen.

Wir kennen alle eine Schweizer Marke, die bis heute stolz ist auf die erste Uhr, die auf dem Mond getragen wurde: Omega mit der Speedmaster. Juri Gagarin, der erste Mensch im Weltall, trug damals eine Handaufzug-Uhr von Sturmanskie….

Die Wahl, die Yury Gagarin damals traf, ist einer der Grundsteine der geutigen Marke Sturmanskie. Durch dieses historische Ereignis wurde die Sturmanskie die erste Uhr, die je im Weltall war! Und das während eines solchen gefährlichen und außergewöhnlichen Einsatzes. So war die Sturmanskie ein Zeuge eines wahrhaftig historischen Momentes.

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Der sowjetische Kosmonaut Juri Gagarin bei einem Besuch in Schweden. ©SAS Scandinavian Airlines

Yury Gagarin besaß einige Uhren von Sturmanskie. Es ist bis heute nicht klar, welche davon genau er bei seinem Einsatz getragen hat. Es gibt einige Uhren aus der damaligen Epoche, die uns unmittelbar inspiriert haben bei dem Design der Vintage-Kollektionen von Sturmanskie.

Unter all den Designs, die Du je entworfen hast: Welches liebst Du am meisten?

Wie viele kreative Menschen kann ich mich nur schwer festlegen und mag meist meine letzten Designs am meisten. Die Gagarin Vintage Kollektion für Sturmanskie gefällt mir besonders gut, das sie das Erbe der russischen Uhr fortführt und trotzdem modern ist. Die Mars für Sturmanskie war auch ein spannendes Design-Experiment und hat ein bemerkenswert frisches Design.

 

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3 Kommentare

  1. Alle meine russischen Uhren
    ,Ob Poljot,Wostok oder frühe Junkers,Zeppelin,mit russischen Uhrwerken, Chronographen,Handaufzug,Automatik,Mit Weckfunktion,
    Sämtliche dieser Uhren waren binnen weniger Monate defekt.
    Meist irreparabel,bekam Geld zurück,egal ob im Internet ,zb.aus München,oder stationär in Tübingen gekauft
    Eine einzige besitze ich noch,meiner Tochter aber geschenkt.
    Eine Dugena, Zifferblatt Perlmutt,mit Molnija Taschenuhrwerk unter Glasboden..das wohl auf ein Cortebert zurück geht,diese läuft noch,und zwar gut.wostok Europe Uhren sollen ja zuverlässig sein meanwhile,hoffe doch.Ich halte japanische Uhren für am langlebigsten,Marke Orient scheint mir sehr robuste Uhren zu bauen und auch einfache Seiko 5 Automaten halten ewig und das mit gutem Gang.Citizen Taucheruhren sollen noch laufen,selbst wenn sie seit 30 Jahren in Korallenmeeresgruenden versteinert ,gefunden werden..

    1. Tja, ich habe in den 90ern viele russische Uhren besessen, und einige davon bis heute. Alle funktionieren wunderbar, egal ob Wostok, Poljot oder Raketa. Insofern kann man das nicht verallgemeinern.

  2. Aber seltsam ist das schon,da ansonsten nur noch eine Uhr in meiner zeitweise grossen Sammlung defekt wurde,eine 200 m Dichte Quarzuhr,mit Ronda Uhrwerk,aber mit dieser am Handgelenk war ich auch öfter vom drei Meter Brett per Salto ins Becken gesprungen.(keine Sorge,Wasser war vorhanden)Sie hatte eine verschraubte Krone und die Batterie lief weit über 5 Jahre lang.Mit Handaufzugsuhren,mit altem Unitas,zb.von Guinand,die neu gekauft wurde,gab es Probleme am Gewinde der verschraubbaren Krone,dito bei der oben genannten Quarzuhr,die aber nach dem ersten Batteriewechsel kein Wasser mehr sah.Vom Kauf von Uhren mit Handaufzugswerk und verschraubten Kronen,rate ich ab.Viel getragen und gelaufen,sind Probleme mit den Gewinden vorprogrammiert.Die Firma von Helmut Sinn hat damals kostenlos von seinem Uhrmacher den Schraubmechanismus in einen normalen Kronen Zustand zurück bauen lassen,an meiner Guinand.ist schon lange her,aber erinnere mich daran mit Dankbarkeit.und nostalgischem Gefühl.

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