Neues aus der Uhrenwelt

Master of Vintage Designs: Constantin Weisz

Als Blogger hat man es nicht leicht – einerseits ist das Gros der Teleshopping-Uhren für mich weit überteuerter Metallschrott aus Asien, andererseits beobachte ich einen Hersteller ganz genau und kann mir die Sympathie für die Modelle auch nicht verkneifen. Im Test konnten mich schon zwei Modelle von Constantin Weisz überzeugen, das hier tatsächlich mit Leidenschaft für Uhren entwickelt und zusammengefügt wird. Neben Uhrwerken von Seagull oder Miyota setzt das Unternehmen auch eine gewisse Menge von hochwertigen Vintage-Werken aus einem NOS-Bestand ein. Dabei handelt es sich allesamt um Schweizer Werke der 60er bis 80er Jahre, eine solide und vor allem seltene Wahl.

Vor ein paar Wochen kündigte Constantin Weisz-Inhaber Dirk Motz an, das der Vertrieb seiner Uhren demnächst nicht mehr über QVC, sondern über HSE24 erfolgt.

Was hat diesen Wechsel ausgelöst?

Dirk Motz: QVC wollte die konzeptionelle Neu-Ausrichtung von Constantin Weisz nicht in der gleichen Form mittragen, die für uns notwendig und unumgänglich war. Letztendlich haben wir uns dann gemeinsam entschieden, die Zusammenarbeit zu beenden. Das war nach über 12 Jahren ein schwerer Schritt. Aber es war richtig! Mit HSE24 haben wir nun einen Partner gefunden, der das Thema mit vollem Herzen unterstützt. Es macht wieder richtig Spaß.

Die Marke zitiert bei den Modelle aus der reichen Historie der Uhrendesigns – Helmet, Bullhead, und interessante Uhrwerke. Was wird in der Zukunft noch zu erwarten sein?

Historische Design-Vorlagen und die passenden historische Uhrwerke werden weiterhin ein großes Thema bei uns bleiben. Und da ich ein großer „Autonarr“ bin, wird es auch hier immer wieder besondere Modelle geben. Ein Bekannter von mir restauriert gerade einen Lamborghini Miura… Wer weiß, was aus einigen Teilen da gebaut werden kann…

In der Teleshopping-Welt gibt es auch viele Anbieter, die mit zweifelhaften Methoden Produkte verkaufen. Schadet das dem Image, oder ist Ihnen Ihre Fangemeinde treu?

Leider werden wir als Hersteller mit diesem Vertriebsweg teilweise immer noch über einen Kamm geschoren! Wir haben nie versucht, über unlautere Methoden ein kurzfristiges Geschäft zu machen. Wir können uns daher nur mit entsprechender Qualität von diesen Unternehmen absetzen. Dies gelingt uns ganz gut, die aktuelle Modellpalette zeigt das.

Tatsächlich – der findige Kölner hat weiter an der Modellpalette gearbeitet und ich durfte einen näheren Blick auf zwei Modelle werfen. Neben den Vintage-Designs sind alle Uhren zudem jetzt „Made in Germany“ – ein weiterer Aspekt, der die Marke wohltuend vom China-Einerlei der anderen Verkaufsshows abhebt.

Helmet-Design und Blautöne. © Thomas Gronenthal

Der Kreisschliff ist optisch ansprechend und zeigt die gute Verarbeitung. © Thomas Gronenthal

Die Kalender-Automatik trumpft mit einem Helmet-Gehäuse auf, ganz so, wie die Hersteller es in den 1970er Jahren bauten. Das Gehäuse mit tief heruntergezogenen Bandanstößen trägt einen Rundschliff, gebürstete Flanken und eine polierte Lünette. Die Verarbeitung ist sehr gut, eine Wasserdichte von 50 Metern wird erreicht. Die Krone ist vertieft, aber durch eine umlaufende Rille sehr gut zu ziehen, um Uhrzeit und Datum einzustellen. Mittlerweile selbstverständlich bei den Uhren von Constantin Weisz ist das doppelt entspiegelte Saphirglas. Der Boden trägt ein Mineralglas.

Das Zifferblatt aus mehreren Schichten, applizierte Indexe, und der Monatskalender. © Thomas Gronenthal

Constantin Weisz mit historischem AS 2086 – das Vorbild. © Hersteller

Der Blick auf das Zifferblatt zeigt frische Farben, ein wenig pastellig – gemäß der Zeitreise des Gehäuses könnte auch das Blatt aus dem Art-Deco-District von Miami stammen. Es ist mehrteilig aufgebaut und damit wesentlich aufwendiger als ein gestanztes und bedrucktes Standard-Zifferblatt. Spannend wird der Blick auf die Position zwischen sieben und acht Uhr: in einem großen Fenster ist eine Monatsübersicht der Wochentage untergebracht. Moment – das ist doch historisch? Korrekt – eigentlich nutzte Adolf Schild diese Funktion für das Kaliber AS 2086.

Bei der Constantin Weisz allerdings wurde der Mechanismus auf ein Miyota 8215 gesetzt, anstelle des Wochentagsmechanismus. Über dessen Korrekturfunktion kann der Monatskalender einfach über die Krone eingestellt werden. Das Datum kann über die Krone eingestellt werden, am Monatsanfang wird der Wochentag mit dem Datum synchronisiert, und auf einen Blick ist dann ablesbar, welches Datum an welchem Tag ist. Dieser Übertrag einer historischen Funktion steht der Uhr sehr gut und macht den Blick auf das Zifferblatt außergewöhnlich. Ein schönes Zitat historischer Technik. Passend zu den 70er Jahren hätte man den Glasboden sparen können, das japanische Miyota-Werk ist gänzlich ohne Verzierungen. Die Gangwerte sind allerdings sehr gut, und auch das sonst oft typische Ruckeln des Sekundenzeigers ist bei der getesteten Uhr nicht zu sehen. Das Armband ist aus massiven Stahlgliedern, und im Fishbone-Design gehalten. Das passt zur Uhr, und trägt sich gut.

Das Miyota 8215 bei der Arbeit. © Thomas Gronenthal

Das zweite Modell ist ein Wolf im Schafspelz: Die im TV-Screen gehaltene Uhr aus Edelstahl wirkt auf den ersten Blick wie eine gewöhnliche mechanische Uhr mit Datum. Der Sekundenzeiger fließt mit 28.800 A/h über das silbern gebürstete Zifferblatt. Erst das Bodenglas offenbart, welche Spezialität hier verbaut wurde: Das ESA 9154 Dynotron. Das Uhrwerk wurde nur wenige Jahre – von 1970 bis 1975 – gebaut und ist eines der wenigen Uhrwerke, bei dem die Unruh mit Strom angetrieben wird. Die Unruh verfügt über 2 Magnete, darunter liegen 2 Spulen. Die Steuerspule erzeugt einen elektrischen Impuls, wenn die Unruh einen bestimmten Referenzpunkt durchläuft. Ein Transistor verstärkt den Impuls und wirkt auf die Treiberspule. So schlägt die Unruh aus – eine Umkehrung des üblichen Prinzips einer Ankerhemmung. In den 1970er Jahren nutzen auch Marken wie Girard-Perregaux dieses Uhrwerk, das damals als sehr innovativ galt.

Klassisches TV-Screen-Design und ein spannendes Uhrwerk. © Thomas Gronenthal

Das Werk ist nicht nur selten, sondern auch optisch ein Hingucker. Die Mischung aus elektronischen und mechanischen Bauteilen lässt sich gut bei der Arbeit beobachten. Das Werk wurde komplett überholt und verrichtet präzise seine Arbeit. Anders als eine moderne Quarzuhr hat dieses elektromechanische eine gewisse Abweichung je nach Lage, die Werte liegen jedoch bei wenigen Sekunden pro Woche. Mit dem massiven Edelstahlband liegt die Uhr gut am Handgelenk – eine wunderbare Re-Edition historischer Uhrenmodelle.

Das Zifferblatt ist auch hier mehrteilig, mit Bürstenschliff, Appliken und einem optisch ansprechenden Knick, um das Uhrwerk aufzunehmen. © Thomas Gronenthal

Die Preise sind verbraucherfreundlich: Die Kalenderuhr wird 229 Euro kosten, was in Anbetracht der Leistung sehr günstig ist und deutlich unter Wettbewerbern wie der Sternglas liegt.

Der Preis der Dynotron steht noch nicht fest, wird aber ca. bei 400 Euro liegen. Für eine solche Besonderheit der Uhrengeschichte ist das ein sehr günstiger Preis. Ja, ich werde mein Auge auf Constantin Weisz behalten.

Das ESA 9154 Dynotron mit elektromagnetischem Unruhantrieb. © Thomas Gronenthal

 

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1 Kommentar

  1. Unglaublich schön. Habe die Marke vor knapp einem Jahr entdeckt als ich ein Modell des Herstellers zum Bandwechsel auf meinem Arbeitsplatz liegen hatte. Behalte die Entwicklung seitdem im Auge und bin wirklich begeistert!

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