Review & Test

Review: Outsiders Revolution

Der Messestand auf der Baselworld: Gratis-Uhren statt 50.000 Franken Standgebühr. © Outsiders Watches AG

Die Meldung ging durch die Medien – und damit sind nicht nur Uhrenblogs gemeint. Ein Einsatz von Polizei und Hallensecurity auf der Baselworld wegen eines Uhrenherstellers, der sich zwischen Rolex und Patek Philippe postiert und einfach Uhren verschenkt. Outsiders Watches schaffte damit den wohl erfolgreichsten PR-Gag der letzten Jahre.

Tatsächlich errichtete das Team mit einem Banner einen schnellen Pop-up-Stand, ohne die Messe davon zu informieren – und verschenkte knapp 20 der neuen Outsiders Revolution an Messebesucher. Das kam gut an – bei den Beschenkten – aber nicht bei der Messeleitung, die ihrem Hausrecht entsprechend das Uhren-Startup aus der Halle begleiten ließ. Der Zweck war aber mehr als erfüllt: Die kleine Marke, gegründet erst im vergangenen Jahr, bekam mehr Presse als manch der großen Namen. 499 Franken kostet die Uhr, und sie trägt nicht nur ein Schweizer Werk, sondern auch den stolzen Zifferblattaufdruck „Swiss Made“.

Die Outsiders Revolution Schwarz: Perfekte Ablesbarkeit! © Thomas Gronenthal

Der erste Eindruck ist solide – die Revolution ist schwer, fühlt sich wertig und an wirkt nicht ein Produkt, bei dem an der Ausstattung gespart wurde. So liest sich auch die Materialliste: Edelstahl, massiv, von Hand poliert, entspiegeltes Saphirglas, Superluminova BGW9 auf Zifferblatt und Zeigern, und hinzu kommt das verbaute ETA 2824-2, den Traktor der Schweizer Uhrenindustrie. Das wird allerdings nur in der Basisvariante eingekauft, mit Novodiac- statt Incabloc-Stoßsicherung, ohne Dekor und ohne Glucydur-Unruh. Hinzu kommt eine enorme Wasserdichte von 300 Metern, die laut Zifferblatt erreicht wird.

Solider Glasboden, saubere Gravuren und das ETA 2824-2. © Thomas Gronenthal

Bei der näheren Betrachtung des Gehäuses fallen sofort die integrierten Bandanstöße auf. Das Band im Oyster-Stil endet in verschraubten Anstößen im Gehäuse, alles sitzt ohne Spiel und ist sehr sauber verarbeitet. Der Nachteil der optisch schönen Lösung: Wer gerne mal auf ein Leder- oder NATO-Band wechselt, hat keine Chance.

© Thomas Gronenthal

Die hohe Qualität gilt auch für die Schliffe und polierten Flächen: Ein Gehäuse ohne Tadel. Die sauber in kleinen Schritten rastende Lünette ist graviert, die Vertiefungen sind mit weißem Lack ausgelegt. Die Einlage besteht aus eloxiertem Aluminium. Beim Öffnen des Bodens fällt die massive Verarbeitung der Gehäusekomponenten auf. Die Materialstärke lässt keinen Zweifel an der hohen Druckfestigkeit. Mit einem Testgerät prüfen wir die Wasserdichte: Der Witschi Proofmaster kann allerdings nur bis zu einer Tiefe von 100 Metern testen, die von der Outsiders anstandslos gemeistert werden. Die 300 Meter dürften ebenso kein Problem sein. Die Krone der Uhr ist verschraubt, lässt sich gut fassen, lösen und bedienen. Das Gewicht der Revolution beträgt, mit Bandlänge für ein mittleres Handgelenk von knapp 21 Zentimetern Umfang, satte 194 Gramm.

Werkhaltering aus Metall, das Uhrwerk solide verschraubt: So soll es sein. © Thomas Gronenthal

Das Zifferblatt ist schwarz glänzend lackiert, sauber bedruckt und mit applizierten Indexen versehen. Die Leuchtmasse ist reinweiß, leuchtet in der Dunkelheit blau. Und die Nachleuchtzeit ist immens, die Ablesbarkeit eine Freude. Das gilt für Dunkelheit wie Tageslicht. Hinzu kommt die Länge der Zeiger, die perfekt passt, zudem sind die Zeiger sauber verarbeitet und gesetzt.

Beste Nachtsicht. © Thomas Gronenthal

Das Design: Es ist keine Kopie einer existierenden Uhr, aber wohl die Zusammenführung mehrerer erprobter Vorlagen. Ein bisschen Rolex Submariner, ein wenig Omega Seamaster, die integrierten Bandanstöße machen das Modell eigenständig. Und ganz ehrlich: Für 499 Schweizer Franken erwarte ich nicht ein weltbewegend neues Design.

Das verbaute ETA 2824-2 in der Standardausführung arbeitet erwartungsgemäß mit hohen Amplituden von 308 Grad bei Vollaufzug. Die Regulierung des Testwerks hätte besser sein können: Bei Vollaufzug rennt das Uhrwerk glatte 15 Sekunden auf 24 Stunden vor, nach 24 Stunden Gangdauer immerhin noch 12 Sekunden. Fairerweise muss man sagen, das die Uhr wie auch das Uhrwerk absolut neu sind, und vor allem das ETA 2824-2 und seine Derivate von Selitta werden nach einer Einlaufzeit normalerweise geringfügig langsamer. Nach einer kurzen Regulierung läuft das Werk aber auch so wie ein Chronometer mit maximal plus drei Sekunden / 24 Stunden.

Gemessen werden diese Werte mit einer elektronischen Zeitwaage, die über ein Körperschallmikrofon die Geräusche der Hemmung des Uhrwerks aufnimmt und mit einem Zeitnormal vergleicht. Neben der Genauigkeit ermittelt das Gerät auch die Amplitude – die Schwingungsweite – der Unruh, sowie den Abfallfehler, der idealerweise bei weniger als 0,5 ms liegen sollte. Mit 0,1 ms erreicht dieses Werk hier problemlos beste Werte.

Die Faltschließe – hier kann noch verbessert werden…. © Thomas Gronenthal

Das Armband besteht aus massiven Gliedern, die über Stifte und Steckhülsen verbunden sind. Das System ist sehr sicher, allerdings muss beim Anpassen des Bandes auf flüchtige Hülsen geachtet werden. Der einzige Wermutstropfen der Outsiders Revolution kommt mit dem Band: die Faltschließe. Sie wirkt nicht wertig, ist blechern und passt nicht zur Uhr. Hinzu kommt, das es keine Möglichkeit gibt, die Länge des Armbandes in der Schließe zu justieren. Zwar sind in der Schließe zwei Steglöcher, nutzt man jedoch das hintere, hängt die Tauchverlängerung in der Luft, was optisch wenig schön ist. Da die Glieder recht lang sind, sitzt die Uhr als Folge zumindest bei unserem Tragetest entweder zu eng oder zu weit. Beim nächsten Batch der Produktion – die ersten jeweils 500 Uhren der drei Farbvarianten sind ausverkauft – würde ich hier ansetzen und eine bessere Schließe mit einer Feinjustierung verbauen. Die Verlängerung für Taucher ist ein nettes Detail, könnte aber bei einer generell höherwertigen Schließe weggelassen werden.

Das Innenteil ist solider als das Außenteil – dennoch wird eine Feineinstellung der Bandlänge schmerzlich vermisst. © Thomas Gronenthal

Watchthusiast-Fazit:

Die Geschichte des Direktverkaufs ohne teure Handelsmargen und sonstige Zwischenhändler ist keine neue, viele kleinere Hersteller berufen sich mittlerweile auf dieses Argument. Der PR-Coup zum Start der Marke mit Polizeieinsatz auf der Baselworld ist gelungen, und für 499 Franken gibt es einen sehr soliden Gegenwert in Sachen Qualität. Dennoch gibt es mit Details wie der Schließe noch Potential für Optimierungen.

Um allerdings wirklich einer deutlich teureren Markenuhr final den Dolchstoß zu geben, müssen immer alle Komponenten betrachtet werden. Ein ETA 2824-2 kann im Einkauf weniger als 70 Franken kosten, aber auch problemlos das doppelte – je nach technischer Ausstattung und Dekoration des Werkes. Hier wird der preiswerte Standard benutzt – der aber qualitativ auch den sonst bei Microbrands so beliebten Werken von Miyota oder Seiko überlegen ist.

Im Endeffekt ist es eine Top-Uhr zu einem Top-Preis: Wer auf den Nimbus einer Luxusuhr verzichten kann, ist hier bestens aufgehoben. So wird man mit der Outsiders zu einem Insider. Ob das Modell nun endgültig den Uhrenmarkt umkrempelt – wer weiß. Zumindest sind die ersten Uhren ausverkauft, die zweite Produktionswelle läuft. Wem schwarz zu langweilig ist, für den ist die Outsiders Revolution auch mit blauem oder grünem Zifferblatt und jeweils passender Lünetteneinlage zu haben.

Testbox

Hersteller Outsiders Watches AG
Modell Revolution Schwarz
Material

Gehäuse

Band

Glas

 

Edelstahl, 316L

Edelstahl, Massiv

Saphir, entspiegelt und bombiert

Durchmesser 43 Millimeter
Wasserdichte 300 m / 30 bar
Gangwerte

(Liegend, Vollaufzug)

+ 15 s/24h, 308° Amplitude, Abfallfehler 0,1 ms
Gangwerte

(Liegend, nach 24 Stunden)

+ 12 s/24h, 275° Amplitude, Abfallfehler 0,1 ms

Bewertung

Pro Top-Verarbeitung, ETA-Uhrwerk, Swiss Made, 300 Meter wasserdicht, Ablesbarkeit, Leuchtmasse
Contra Blechschließe, Längenverstellung des Armbandes nur über die Glieder, keine Wechselbänder erhältlich
Preis 499 CHF
Bewertung Eine Top-Uhr zu einem Top-Preis: Wer auf den Nimbus einer Luxusuhr verzichten kann, ist hier bestens aufgehoben. So wird man mit der Outsiders zu einem Insider.

 

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1 Kommentar

  1. Ich finde diese Uhr auch sehr schön gemacht, allerdings muß man bedenken, dass zum Preis hier die Umsatzsteuer (Zoll) von 19% dazu kommt, somit liegt der Preis doch bei ca 600 €, dafür und wegen des besseren Stahlbandes würde ich dann doch eine Steinhart Ocean aus good old Germany für ca. 400€ vorziehen!

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