Es waren die 1980er Jahre, in denen ich eingeschult wurde. Und damals war es Mode, eine der modernen digitalen Uhren zu haben, die zur vollen Stunde piepten. Da die Uhren nicht synchron liefen, bedeutete das in der Klasse also mindestens zehnmal Piepsen im Abstand von einigen Minuten…. Die meisten der Wunderdinger waren von Casio – dem Inbegriff der preiswerten Digitaluhr aus Japan. Jetzt wird alles anders – denn Casio hat seine erste mechanische Uhr vorgestellt. Sie kommt aus der Edifice-Reihe, den durchaus wertigen Modellen von Casio, und nennt sich EFK-100.
Ein erster Blick auf die Daten zeigt interessantes, aber auch sehr bekanntes: Die Uhr ist in Edelstahl erhältlich, das Zifferblatt besteht beim Testmodell aus Carbon, das Frontglas ist aus Saphir und der Boden verfügt über einen Einsatz aus Mineralglas. So weit, so gut – das Werk ist sichtbar und ein alter Bekannter: Das Seiko NH35 – bzw. hier das TMI NH35A, das in Malaysia montiert wird. Danach nimmt es noch eine gewisse Reisezeit in Kauf – denn die gesamte Uhr wird in China endmontiert – so ist es zumindest auf dem Gehäuseboden vermerkt.

Ohne Verzierung wie eh und je, aber ein treues Arbeitspferd: Das Seiko-TMI NH35A. © Thomas Gronenthal
Mit der EFK-100 wagt sich Casio also in eine Domäne, die eigentlich von Unternehmen wie Seiko und Citizen beherrscht wird. Werfen wir einen Blick auf das Design: Es ist das typische Edifice-Design mit klaren Linien, sinnvollen Abmessungen und alltagstauglichen Proportionen. Die Uhr ist nicht zu groß, aber manchem vielleicht zu klein: Mit 39 Millimetern fällt die Uhr eher Medium aus, was sie aber zusätzlich auch als Damenuhr attraktiv machen kann. Die Höhe ist mit 12,5 Millimetern dem Seiko-Werk geschuldet. Generell fällt auf, dass die Verarbeitung exzellent ist: Gehäuse und Band sind abwechselnd poliert und satiniert, alle Schliffe sind extrem sauber ausgeführt, das Gehäuse mit dem integrierten Band aus massiven Edelstahlgliedern ist sehr ansehnlich und fühlt sich auch so an. Allerdings – die Toleranzen zwischen den Bandgliedern könnten noch etwas knapper sein, um ein Klappern zu verhindern und der Uhr noch mehr Wertigkeit zu geben.
Das Zifferblatt aus Carbon ist extrem sauber gefertigt, die Indexe sind erhaben und appliziert. Selbst die Zeiger mit Leuchtmasse sind sehr sauber und hochwertig gefertigt, sogar skelletiert und verfügen über eine nahezu optimale Länge. Ein Wermutstropfen: die Leuchtmasse in den Zeigern hinkt hinter vergleichbaren Modellen von Seiko oder Citizen her.
Das Armband ist leicht zu kürzen – statt Schrauben werden Spreizstifte verwendet, die sich aber einfach ausschlagen lassen. Die Wasserdichte gibt Casio mit 100 Metern an, die Krone ist nicht verschraubt – dennoch schafft die Uhr die angegebene Tiefe im Greiner-Testgerät.
Gespannt bin ich natürlich, wie sich das Uhrwerk von Seiko in der Casio schlägt. Beim ersten Test auf der Zeitwaage läuft das NH35 liegend 24 Sekunden auf 24 Stunden zu schnell – gewinnt also eine Sekunde pro Stunde. Hängend beträgt der Vorgang immer noch 17 Sekunden. Das kann das Uhrwerk besser – nach einer kleinen Richtarbeit an der Spirale und einer Regulierung läuft das Werk mit Werten in allen Lagen unter +/- 7 Sekunden. Hier scheint Casio also keine wesentlich Gangkontrolle vorzunehmen. Immerhin ist die Amplitude nicht seiko-typisch sehr niedrig, sondern durchbricht liegend sogar die 280 Grad!
Das Tragegefühl der Uhr ist übrigens angenehm, dank der Größe und der Proportionen und des angenehmen Bandes mit einer Faltschließe sitzt die Uhr wie angegossen.
Watchthusiast-Fazit: Nicht schlecht, Herr Specht. Die Casio EFK-100 ist eine solide Uhr mit einer sehr guten Ausstattung. Die Gangwerte der Testuhr allerdings waren weniger gut – das kann aber korrigiert werden. Alles andere ist in Anbetracht des Preises – 299 Euro für die Testuhr mit Stahlgehäuse und Kohlefaser-Zifferblatt – wirklich günstig. Für 279 Euro gibt es die Uhr noch mit weißem, grünen oder blauem Zifferblatt. Hier ist allerdings der Kohlefaser-Eindruck nur galvanisch, das Zifferblatt ist aus Metall. Für 449 Euro gibt es die EFK-100XPB-1A als Star der Serie. Hier besteht das Gehäuse auch aus Kohlefaser, und das Armband ist in Resin gefertigt. Diese All Black-Uhr ist ebenfalls bis 100 Meter wasserdicht. Und mit dem Preis konkurriert die Casio EFK-100 unmittelbar mit Uhren wie der Citizen Tsuyosa oder Modellen aus der Seiko 5 Sports-Reihe. Und gerade bei Band und Schließe liegt hier in meinen Augen die Casio vorne – der Schritt vom piepsenden Quarzührchen in die Mechanik hat sich gelohnt und für manch einen wird diese Casio vielleicht der Einstieg in die Welt der mechanischen Uhren!

Variante mit weißem Blatt – hier ist die Carbonstruktur nur optisch, das Zifferblatt ist aus Metall. Dafür kostet diese Uhr nur 279 Euro. © Casio










