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Certified Pre-Owned – oder: Wie ist das passiert?

Zugegeben, ich bin selber ein Freund von CPO-Geschäftsmodellen. Eine gebrauchte Uhr, die von einem Fachmann auf Echtheit und Zustand untersucht wurde, ist für den Kunden ein sicherer Kauf. Bei einem Angebot von Chronext – der Plattform für Luxusuhren laut eigener Beschreibung – muss ich mir ein wenig die Augen reiben.

Die gebrauchten Uhren, die hier angeboten werden, sind nach eigenen Angaben der Plattform geprüft – von Uhrmachern. Eine Uhr sticht mir besonders ins Auge – eine IWC Chronograph aus der Kollektion „Le Petit Prince“. Angeblich ist die Uhr von dem „zertifizierten Uhrmacher“ Hanna Lee Pedersen überprüft worden – und für gut befunden. Was fällt auf: Die Uhr hat keine Krone. Sie fehlt schlicht. Bei einer IWC für 6.000 Euro eigentlich schwer zu glauben – zudem hat doch die Expertin, selber Uhrmacherin, die Uhr überprüft? Immerhin wird die IWC auch mit dem „CHRONEXT-Zertifikat“ beworben – am Ende ist das nicht das Papier wert, auf dem es gedruckt wurde?

Screenshot der Plattform vom 17. Juli 2023: Auf allen Bildern hat die IWC keine Krone.

Ein wenig weitergedacht – Moment, jemand muss diese Uhr auch fotografiert haben? Ohne Krone? Und noch jemand hat die Daten und Bilder dieser Uhr in das Backend des Webshops eingegeben. Auch ohne Krone. Das macht insgesamt schon drei Fachleute, die offenbar einen schlechten Tag hatten.

Selbst Laien erkennen, das hier etwas fehlt.

Durch einen Zufall mag es aufgefallen sein – ein paar Tage nach meiner Entdeckung im Juli ist die Uhr plötzlich anders abgebildet – nämlich mit einer passenden Krone. Aber halt – das zweite Bild in der Ansicht – da fehlt die Krone immer noch. Als Vorher-Nachher-Vergleich vielleicht? Immer noch ist Hanna Lee Pedersen als Uhrmacherin angegeben. Aus reinem Spaß suche ich nach Hanna Lee, der Name gefällt mir, und Kollegen aus der Uhrenbranche sind mir immer willkommen. Aber: Ich finde zwar eine Uhrmacherin, die diesen Namen trägt – aber passend zum nordischen Namen bei einem dänischen Juwelier namens Klarlund tätig ist.

Das noch immer aktuelle Angebot hat neue Bilder – die Krone hat sich gefunden, aber der zweite Thumbnail – und damit auch das zweite Bild des Angebotes – erinnert noch an die kronenlose Zeit der IWC.

Zwischen Köln und Kopenhagen liegen ein paar Meter Fuffzich, wurde die Uhr also dahin spediert, oder kommt von dort? Und wieviele weitere Uhren wurden von Hanna Lee Pedersen so besichtigt und für echt sowie gut befunden – gemäß den strengen Maßstäben der CPO-Plattform.

CPO steht und fällt mit Vertrauen und der Kompetenz, die von den Mitarbeitern dieser Plattformen mitgebracht werden. Wer mit strengen Prüfungen und eigenen Zertifikaten wirbt, sollte auch diesen Ansprüchen gerecht werden. Und das Sprichwort „wo gehobelt wird, da fallen Späne“ gilt hier kaum – denn nur ein Kunde, der vielleicht sogar eine solche Ware gegen Geld erhält und sich die Augen beim Auspacken reibt ist einer zu viel.

Als Resümee: Es müssen mehr als sechs Augen gewesen sein, denen dieser geringfügige Mangel der fehlenden Krone entging. Und selbst jetzt, wo neue Bilder mit der wundersam gewachsenen Krone ergänzt wurden, findet sich immer noch ein Bild im Angebot ohne die praktische Einstellhilfe…. Also noch ein paar Augen, das möglicherweise einen Besuch bei Fielmann bräuchte. Es wäre schade, wenn unter solchen Fehlern eine grundsätzlich gute Idee leidet!

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