Neues aus der Uhrenwelt

Uhrenservice: Hier ist der Zeitmesser in besten Händen

Sammler und Träger von mechanischen Uhren kennen den Moment – schmerzvoll, geprägt von Misstrauen und der stillen Hoffnung auf besten Service: Jede mechanische Uhr braucht früher oder später einen Unterhaltsservice, eine Revision, Überholung – sprich eine innere Reinigung, frisches Öl und eventuell auch ein oder zwei Ersatzteile. Zwar bieten alle Hersteller einen eigenen Service an, aber viele Kunden möchten lieber einen Uhrmacher, der unabhängig und ohne Markenzugehörigkeit den Zeitmesser auf Vordermann bringt. Nicht immer ist ein Uhrmacher um die Ecke – und im Fall von Leon Zihang ist das Teil des Geschäftsmodells. Er hat mit ChronoRestore die „einfache Art des Uhrenservice“ gegründet. Seine Ausbildung machte er in Glashütte bei Glashütte Original, und auch den 3.000 Stunden-Kurs der Uhrmacher-Akademie WOSTEP hat er durchlaufen. Sein Angebot stellt dem Kunden eine Versandbox zur Verfügung, die Uhr wird versichert per UPS versendet und geht in der Werkstatt ein. Ein Kostenvoranschlag wird erstellt, um dem Kunden volle Transparenz zu bieten. Danach beginnt das umfangreiche Serviceprogramm – zerlegen, vermessen, reinigen, Zusammenbau und Schmierung, und anschließende Regulierung und Tests. Auch Gehäuse und Armbänder werden von den Gebrauchsspuren befreit und erhalten ein Finish wie neu aus dem Laden.

Leon Zihang und sein Team nehmen Arbeiten an allen Uhrenmarken und -modellen vor – ob IWC, Rolex, Nomos oder Uhren von Tudor, Audemars Piguet: ChronoRestore übernimmt den Service und kann auch auf Ersatzteile zurückgreifen.

In einem Interview verrät mir Leon Zihang, was ihn an Uhren fasziniert und warum er diesen Beruf gewählt hat.

Uhrmacher Leon Zihang. © ChronoRestore

Als erstes würde mich interessieren, warum du dich für den Beruf des Uhrmachers entschieden hast. Wann und aus welchen Gründen hast du diese Wahl getroffen?

Zu meiner Konfirmation bekam ich meine erste mechanische Uhr geschenkt. Ich freute mich riesig und trug von dem Tag an nur noch diese eine Uhr. Schon zuvor hatten mir meine Eltern beigebracht, dass man immer eine Uhr tragen muss, um jederzeit pünktlich zu sein. Sei es um zum Abendbrot wieder daheim zu sein oder den Bus zum Arzt nicht zu verpassen. Armbanduhren haben mich also schon von klein auf täglich begleitet. Hinzu kommt, dass ich bereits als Kind begeistert mit meinem Vater Flugmodelle baute und heute noch baue. Dabei hatte ich schon immer Freude an kleinen „Fummelarbeiten“, die viel Geduld erfordern.

In der 9. Klasse stellte sich die Frage, was ich nach dem Abitur machen möchte. Ich habe mich über viele Berufe informiert, aber nichts konnte mich wirklich begeistern. Als ich mal gerade ein wenig über verschiedene Ausbildungsmöglichkeiten las, schaute ich auf meine Uhr. Da fiel es mir wie Schuppen von den Augen: Wie funktioniert so eine Uhr eigentlich? Ich habe sofort begonnen mich zu informieren und war begeistert.

Ich habe mich weiter in das Thema eingelesen und dabei ist mir vor allem das kleine Städtchen Glashütte in Sachsen aufgefallen. Kurz vor Ende der Schulzeit hat dann alles seinen Lauf genommen. Von Bewerbungen, Eignungstests bis hin zu Bewerbungsgesprächen habe ich alles bei mehreren Manufakturen durchlaufen und mich am Ende für eine Ausbildung bei Glashütte Original entschieden.

Jede Uhr wird sicher in einer Servicebox mit Umverpackung transportiert, ein Serviceheft belegt die durchgeführten Arbeiten. © ChronoRestore

Du hast deine Ausbildung bei Glashütte Original gemacht – einer der besten Adressen! War eine Zukunft im Service des Unternehmens keine Alternative für dich?

Die Ausbildung in Glashütte ist eine der besten, wie ich es schon oft in meinem Berufsleben und auch bei einem Schüleraustausch während der Lehrzeit erkannt habe. Auch die Manufaktur Glashütte Original bietet sehr schöne und hochwertige Uhren. Dennoch war ich schon immer sehr heimatverbunden und musste früh in der Ausbildung feststellen, dass in Glashütte wirklich nur Uhren gebaut werden und am Abend die Bordsteine hochgeklappt werden (Lach). Dresden ist zwar nicht weit entfernt und ich bin während der Ausbildung dorthin umgezogen, aber auch das Großstadtleben war nichts für mich. Deshalb habe ich bereits im zweiten Lehrjahr beschlossen, nach der Ausbildung wieder in meine Heimat zurückzukehren.

Hier in einer kleineren Stadt hat man aber nur die Möglichkeit, bei einem Juwelier die Laufkundschaft mit Batteriewechsel zufrieden zu stellen und nur selten mal eine mechanische Uhr auf dem Tisch zu sehen. Das hätte mich nicht zufrieden gestellt. Ich wurde ausgebildet, mit höchster Präzision hochwertige Manufakturkaliber zu bearbeiten. Deshalb musste ich es selbst in die Hand nehmen und habe mich kurzerhand mit dem „Uhrenservice Leon Zihang“ und jetzt auch mit dem „ChronoRestore — Die einfache Art des Uhrenservice“ selbstständig gemacht.

© ChronoRestore

Du bietest einen Service, bei dem Kunden ihre Uhren zu dir senden können – Versand und alle Prozesse erfordern nur wenig Aufwand vom Kunden. Wie wird der Service angenommen?

Ich bin tatsächlich selbst überrascht, wie vielen Kunden bewusst geworden ist, dass selbst Konzessionäre und Juweliere die Uhren oft einschicken, teilweise ohne dem Kunden Bescheid zu geben. Dazu kommt, dass die Kunden nie wissen, zu wem oder wie die Uhren versandt werden. Bei uns ist das alles sehr durchsichtig gestaltet. Der Kunde kann sich von der Qualität der Versandbox von vornherein überzeugen und die Uhr nach Anleitung selbst verpacken. Dies begeistert, wie ich bereits feststellen konnte.

© ChronoRestore

Für viele Kunden ist die Uhr ein Wertobjekt, das nur ungerne aus der Hand gegeben wird. Wie baust du das Vertrauen zu den Kunden in der Ferne aus?

Ja, das stimmt, vor allem Sammler hängen sehr an ihren Uhren. Ich kann das verstehen. Meist weiß man nicht, was mit der Uhr passiert, wenn sie hinter der Ladentheke verschwindet. Es gibt leider auch viele Werkstätten, die weder den Uhren noch dem Kunden gerecht werden. Vom ungepflegten Werkzeug mancher Uhrmacher ganz zu schweigen. Ich selbst bin ein sehr perfektionistischer Mensch und wurde auch darin ausgebildet, immer mit perfekt angepassten Werkzeugen und unter besten Arbeitsbedingungen zu arbeiten. Dazu gehört für mich die tägliche Reinigung der Werkstatt sowie die Anpassung der Schraubendreher oder Kornzangen (Pinzetten), sobald diese kleinste Mängel aufweisen. Mit unseren Instagram– und Facebook-Accounts geben wir Einblicke in unsere qualitative Arbeit und die damit verbundenen Routinen. Zudem ist es mir sehr wichtig, dass ein Kunde auch während der Bearbeitung so viel fragen kann wie er möchte und man ihn nicht mit Aussagen wie „Bitte unterlassen sie Fragen während der Bearbeitung des Auftrags, da dieser nur in die Länge gezogen wird,“ abwimmelt. Der Kontakt zum Kunden ist uns sehr wichtig, weshalb dieser auch immer mit dem tatsächlich bearbeitenden Uhrmacher in Verbindung steht. Mit dieser Transparenz und dem Wissen des Kunden, wer hinter dem Namen ChronoRestore und der Arbeit steckt, versuchen wir Vertrauen zu gewinnen und vor allem einen angenehmen Prozessablauf für den Kunden zu gewährleisten.

© ChronoRestore

Es gibt ja das deutsche Phänomen, dass ein Luxusprodukt ruhig kosten darf, der Service aber so günstig wie möglich sein soll. Kannst du das bestätigen?

Jein. Es ist verständlich, dass der Kunde unzufrieden oder gar erschrocken ist, wenn er für den Uhrenservice von der Herstellerfirma eine Rechnung für unnötig ersetzte Teile mit einem unwahrscheinlich hohen Preis bekommt. Deshalb muss man ihm zeigen, was er für sein Geld bekommt, weil es für ihn nicht immer von vornherein erkennbar ist. Wir hatten dieses Phänomen bis jetzt nur bei Uhren aus dem günstigen Preissegment, da es hier normal ist, dass die Servicekosten oft den eigentlichen Wert der Uhr übersteigen. Ansonsten wenden wir uns mit unserem Service eher an Kunden, die die Arbeit und das Thema Uhren zu schätzen wissen und auch gerne mal Geld in die Hand nehmen, um ihren Liebling zu pflegen.

Service vs. Werktausch: Manche Hersteller sind dazu übergegangen, beim Service Tauschwerke einzubauen. Ist das für Kunden eine Alternative oder eher ein No-Go?

Bei diesem Thema wenden wir uns immer zuerst an den Kunden. Er soll selbst entscheiden. Denn wie schon erwähnt, ist es in der unteren Preisklasse nicht immer wirtschaftlich, einen Service durchzuführen, da die Kosten dafür die einer Neuanschaffung übersteigen würden. Hier ist es oft günstiger, das verbaute Werk gegen ein neues auszutauschen. Diese Entscheidung überlassen wir aber stets dem Kunden in Form mehrerer Kostenvoranschläge. Es ist schon vorgekommen, dass ein Kunde nicht nur an der von außen sichtbaren Uhr, sondern auch an ihrem Herz, dem Werk, hängt und diese Uhr normal geserviced wurde.

Mit einem Feinöler werden die Ölsenkungen der Lagersteine versorgt. © ChronoRestore

Eines meiner Steckenpferde sind Plagiate. Bekommst du auch solche Uhren zugesandt, bei denen möglicherweise der Besitzer nicht wusste, dass seine Uhr nicht echt ist?

Nein. Diesen Fall hatten wir noch nie. Ich glaube, dass die Kunden, die sich bewusst ein Plagiat kaufen, auch nicht wirklich einen regelmäßigen Service dieser Uhr in Betracht ziehen. Meist kommen solche Kunden erst, wenn die Uhr nicht mehr funktioniert oder irgendwas defekt ist. Dann ist es aber auch schon zu spät. Die billigen verbauten Werke lassen sich nicht mehr reparieren, da sie nach kurzer Zeit schon so verschlissen sind, dass nichts mehr funktioniert und auch ein Service nichts mehr bringt. Außerdem findet man für solche Uhren weder Ersatzteile noch Tauschwerke. Ich empfehle immer, lieber ein wenig Geld zu sparen, um eventuell eine hochwertigere Uhr zu kaufen, die der Wunschuhr auch nur ähnlich sieht. Da wird man deutlich länger Freude daran haben und nicht von Kennern ausgelacht.

Wie stellst du bei der Einlieferung sicher, dass die gelieferte Uhr ein Original ist?

Bei jeder Uhr gibt es Anhaltspunkte und wichtige Feinheiten, die in der Eingangskontrolle überprüft werden. Hier können schon einmal Indizien wie das Logo, Zifferblatt und Zeiger oder auch Gehäuse weiterhelfen. Spätestens aber beim Demontieren der Uhr oder des Uhrwerks stellt sich heraus, ob eine Uhr echt oder unecht ist. Meist kommt es aber erst gar nicht so weit, um eine Fälschung aufzudecken.

Das Herz wird eingesetzt: Die Unruh, hier in ein ETA 2892-A2. © ChronoRestore

Es ist bekannt, dass viele Hersteller Ersatzteile nicht einfach ausgeben. Wie löst du das Problem?

Dies ist ein sehr bekanntes Problem unter Uhrmachern, deshalb haben sich über die Zeit einige Kontakte und natürlich auch Teile angesammelt, die wir beziehen können. Dennoch arbeiten wir daran, so schnell wie möglich Zertifizierungen zu sammeln, um an solche Ersatzteile ohne große Umwege ran zu kommen. Bei einem normalen Service, der nicht all zu spät gemacht wird, ist es meist nicht notwendig, Teile zu tauschen.

Für viele Uhren wie etwa Rolex gibt es mittlerweile Ersatzteile, die „aftermarket“ sind – also nicht original. Das betrifft Gehäuseteile wie auch Werkteile. Ist das für dich ein No-Go?

Das ist auch etwas, was wir dem Kunden ehrlich übermitteln und ihm die Entscheidung überlassen. Oft ist es auch einfach so, dass die originalen Teile sehr teuer sind und der Kunde lieber einen Nachbau bevorzugt. Es ist und bleibt die Uhr des Kunden. Wenn dieser von der Originalität aufgrund von Kostenminimierung, sei es ein teurer Service bei dem Hersteller selbst oder ein zu teures Ersatzteil, abweichen möchte, dann machen wir das natürlich. Ich empfehle aber jedem Kunden, die originalen Teile zu verwenden, da diese einfach immer schon eine bessere Qualität haben und durch die Erfahrung der Marke ausgereift sind. Meist ist es sogar sinnvoller, ein gut erhaltenes gebrauchtes Teil zu verwenden als einen Nachbau.

Herzlichen Dank für das Interview!

Über die Website von ChronoRestore kann der Service problemlos direkt gebucht werden. Dazu wird die Versandbox und der Versandschein angefordert. Der Kunde bringt das Paket zum nächsten UPS-Access Point. Nach dem Eingang der Uhr bei ChronoRestore wird der Kostenvoranschlag erstellt. Der Kunde kann auch, sofern es sich anbietet, zwischen unterschiedlichen Serviceleistungen wählen. Nach einigen Wochen kommt die Uhr sicher wieder nach Hause. Apropos: Ja nach Art empfiehlt sich ein Service alle drei bis sieben Jahre. Schnellschwingende Werke und besondere Komplikationen benötigen öfter Pflege als ein Unitas-Taschenuhrkaliber. Grundsätzlich sind nachlassende Gangwerte und eine schlechtere Gangreserve immer ein Zeichen für anstehenden Servicebedarf.

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