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Review: Circula Heritage P.U.W. Handaufzug

Der Markt für Microbrands scheint sich monatlich zu verdoppeln, und doch gibt es in diesem Kontext Marken, die aus der Menge herausstechen. Eine davon ist Circula, gegründet 1955 in Pforzheim. Die Uhrenmarke wurde vor zwei Jahren vom Enkel des Gründers neu belebt, und verlegte sich zunächst auf die Herstellung hochwertiger Quartzuhren im Vintage-Design der 1950er Jahre. Jetzt hat Cornelius Huber, Inhaber von Circula, eine echte Bombe platzen lassen. In einem Lager, aufgebaut in den späten 1970er Jahren, als viele Hersteller die Produktion mechanischer Uhren einstellten, fanden sich mehrere hundert nie benutzte Handaufzug- und Automatic-Uhrwerke von P.U.W., die von Circula nun in eine hochwertige Heritage-Kollektion verbaut werden. Diese Werke „Made in Pforzheim“ stellen etwas ganz besonderes dar, sind sie doch normal nicht als „New Old Stock“ zu haben. Für diesen besonderen Schatz sollte auch eine besondere Uhr her: die Circula Heritage.

© Thomas Gronenthal

Pforzheim: Einer der größten Standorte der Uhrenindustrie

Was heute kaum noch jemand weiß: Pforzheim war neben Glashütte und der Schweiz einer der größten Produktionsstandorte für Uhren und Bestandteile weltweit.

Eintrag im Handelsregister der P.U.W. in: Deutsche Uhrmacher-Zeitung 1933

Bereits 1767 gründet Markgraf Carl Friedrich von Baden eine Uhrenfabrik, und 1922 zählt die Pforzheimer Uhren- und Gehäuseindustrie bereits 30 Betriebe. 1932 gründet sich die Pforzheimer Uhren-Rohwerke GmbH. In den 1950er Jahren entwickelte sich die P.U.W. zum größten Uhrenrohwerke Hersteller der Bundesrepublik Deutschland. Auch Circula nutzte damals die hochwertigen mechanischen Uhrwerke „Made in Pforzheim“.

Die zunehmende Zahl von Quarzuhren aus Asien zwang die gesamte europäische Uhrenindustrie in die Knie, 1979 stellte man bei P.U.W. die Produktion von mechanischen Uhrwerken ein. Das P.U.W.-Kaliber 561 war als Handaufzug das Basiskaliber der vorletzten Werkeserie der Fabrik und kam 1971 auf den Markt. Es entspricht modernen und bis heute gültigen Qualitätsansprüchen an mechanische Uhrwerke und ist stabil, zuverlässig und ganggenau. Mit einer Schweizer Ankerhemmung, Incabloc-Stoßsicherung, 17 Rubinlagersteinen und einer Schwingfrequenz von 21.600 Halbschwingungen pro Stunde ist es präzise, die Gangreserve beträgt 41 Stunden.

Das einzeln nummerierte P.U.W. 561: Schlichte Schönheit mit bester Funktion. © Thomas Gronenthal

Flach und elegant

In der Circula Heritage wurde das historische P.U.W.-Werk in ein sehr sorgfältig gefertigtes und elegantes Gehäuse aus Edelstahl verbaut. Oben kommt ein innen wie außen gewölbtes Saphirglas mit doppelter Entspiegelung zum Einsatz. Am Gehäuse gefallen die satinierten Flanken ebenso wie die polierten Flächen und die zarte Lünette, die das Uhrglas trägt. Der Durchmesser beträgt 39 Millimeter bei einer sehr flachen Bauhöhe von nur 9,9 mm. Der Glasboden ist mit vier Schrauben befestigt und dichtet die Uhr sicher bis 50 Meter Tiefe ab. Das bestätigt sich in einem Testgerät für Wasserdichte.

Feines Detail: die Krone. © Thomas Gronenthal

Beim Blick auf die Circula Heritage fallen einige Details auf. Nicht nur das blaue Sonnenschliff-Blatt ist eines, auch die Krone fällt aus der Reihe. Sie folgt dem Vorbild der Quartzmodelle von Circula, wurde allerdings im Detail komplett überarbeitet. Die Front der Krone ist mit einem Abbild einer Unruhe versehen, die Krone lässt sich für den Handaufzug hervorragend greifen und benutzen. Das gilt auch für die Einstellung der Uhrzeit.

Hervorragende Gangwerte

Manch Uhrenfreund mag bei dem alten Uhrwerk denken: Kann so etwas eigentlich noch genau laufen – nach mehr als 35 Jahren in einem Lager? Es kann. Zum einen wurde das P.U.W. 561 zur selben Zeit entwickelt wie das ETA 2824-2, 2892 oder das berühmte Valjoux 7750, zum anderen waren die Lagerbedingungen ideal. Die Uhrwerke wurden in Pforzheim von Circula gereinigt, zusammengesetzt, und sorgfältig geölt und reguliert. Die komplette Uhr ist damit „Made in Germany“, was man der Qualität auch anmerkt. Die Gangwerte der Testuhr am Arm sind bestens, zwischen plus fünf und plus acht Sekunden läuft das Werk pro Tag vor, je nach Aktivität. Auch auf der Zeitwaage zur elektronischen Messung der Gangwerte ist das Bild sauber: Hier erzielt das P.U.W. einen maximalen Vorgang von maximal zehn Sekunden je nach Lage. Die Amplitude beträgt mehr als 280 Grad und spricht für ein sorgfältig konstruiertes Uhrwerk.

Prachtvoll am RIOS Alligator Art Manuel-Armband. © Thomas Gronenthal

Apropos Umwelt: Zu Zeiten von Greta Thunberg und Klimaschutz sollte man auch den Aspekt der Nachhaltigkeit betrachten. Für das Circula-Uhrwerk mussten keine Produktionsressourcen eingesetzt werden, lediglich für das neue Gehäuse, Zifferblatt, Zeiger und Armband. Damit ist diese Uhr nachhaltiger als jedes andere Produkt am Markt. Das würde Greta gefallen!

Edel poliert und satiniert, und ein sauber eingepasstes doppelt entspiegeltes Saphirglas. © Thomas Gronenthal

Das Zifferblatt ist mit einem eleganten Schimmer, neben Blau gibt es diese Uhr auch mit schwarzem und weißem Blatt. Hinzu kommt eine Version mit vergoldetem Gehäuse. Allen gemein ist das sorgfältige Finish. Als Armband kommt ein Rindlederband aus deutscher Fertigung zum Einsatz. Das Schnellwechselsystem erleichtert den Bandwechsel – und der lohnt sich. Kaum eine Uhr ist so ein Chamäleon und verändert das Gesicht so mit einem andersfarbigen Armband. Ob am RIOS-Alligator aus der Art Manuel-Kollektion oder am neuen, blau gesteppten Lederband von meinem Bloggerkollegen ZEIGR: Die Uhr sieht elegant und trotzdem sportlich aus.

Circula Heritage am ZEIGR-Strap mit passender blauer Steppung. Zu haben im Shop von Blogger-Kollege Theodossios Theodoridis von ZEIGR.

Watchthusiast-Fazit:

Circula setzt einen Preis von 790 Euro für die Heritage-Handaufzug an. Für hundert Euro mehr gibt es das P.U.W. 1661s, ein Automatikwerk, das als letztes in Pforzheim gebaut wurde. Die ersten 50 Besteller der neuen Heritage-Modelle erhalten zudem einen Rabatt von 50 Euro – dazu bei der Bestellung den Rabattcode „PreSale50“ eingeben.

In Anbetracht des Aufwandes, die alten Werke zu überholen und zu regulieren statt ein einfaches Zulieferwerk zu nutzen, ist das ein sehr günstiger Preis. Alle Komponenten sind hochwertig und sehr gut verarbeitet – Dinge wie einen Werkhaltering aus Plastik sucht man hier vergebens. Alles ist aus solidem Stahl gefertigt, zudem sind die Uhren limitiert und sowohl das Gehäuse wie auch das Uhrwerk sind mit einer laufenden Seriennummer graviert.

Neben der Qualität macht auch das Tragen Freude: die elegante Optik leistet dazu ihren Beitrag, das flache Gehäuse in perfekter Größe macht die Uhr zum idealen täglichen Begleiter. Und der tägliche Handaufzug wird schnell zum meditativen Ritual. Und hinzu kommt das bessere Gewissen: Keine andere Uhr ist so eco-friendly wie diese.

Die Circula Klassik Automatik mit Miyota 9015 und farblichen Akzenten: Sekundenzeiger und Minuterie sind Orange gehalten. © Circula

Wer hingegen anstatt der P.U.W.-Werke ein Miyota-Automatikwerk 9015 nutzen möchte: Kein Problem – die Klassik Automatik kommt mit ebenso schönen Zifferblättern und Gehäusen, einem individuellen Circula-Rotor und das zu einem Preis ab 390 Euro. Auch das ist ein heißer Preis in Anbetracht der Ausstattung!

Ein gutes Glas, ein gutes Buch – und eine gute Uhr! © Thomas Gronenthal

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