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Review: Fine Watches Berlin Teufelsberg #2

Manchmal gelingt es noch, mich mit einer Uhr erfreut zu erstaunen! Als Journalist, Blogger und Geburtshelfer einiger Uhrenmodelle hatte ich sicher ein paar tausend Uhren in den letzten 15 Jahren in der Hand – und trotzdem gibt es noch die kleinen Sternstunden wie die FineWatchesBerlin Teufelsberg #2. Zudem eine Uhr, auf die ich beim Tragetest für diese Review überdurchschnittlich oft angesprochen wurde.

Die Fine Watches Berlin Teufelsberg #2 – ein strahlendes Gesicht mit einigen besonderen Merkmalen. © Thomas Gronenthal

Wilfried und Mia-Phyllis Liefer. © Hersteller

Wie der Name sagt, stammt die Teufelsberg aus Berlin. Gebaut hat sie der Wahl-Spandauer Wilfried Liefer, Jahrgang 1957, zusammen mit seiner Tochter Mia-Phyllis, Jahrgang 1987, und gebürtige Berlinerin. Hurra, mal keine fröhlich vor sich hin träumenden Uni-Absolventen, die bei einer kleinen Zechtour abends den Traum einer Uhrenmarke auf die Welt brachten….

Bevor ich etwas zum Teufelsberg schreibe, gilt zunächst der Blick dem Zeitmesser. Die Farben sind frisch – weißes Zifferblatt, blaue Ziffern und Zeiger, der Sekundenzeiger der kleinen Sekunde ist in hellem rot. Das Gehäuse kommt sehr gradlinig daher, gefertigt in Edelstahl, mit sechsfach verschraubtem Boden. Trotz aller Geometrie: Die eingesetzten gebläuten Zierschrauben an den Bandanstößen sorgen für optische Abwechslung, ebenso wie die Krone, die ein farbig gestaltetes, eingelegtes Signet trägt. Das Deck- wie auch das Bodenglas sind aus Saphirkristall und sauber in einen Dichtring gepresst.

Besonders ist der Blick hinter die Kulissen – oder besser durch den hinteren Boden: Endlich hat sich – nach Hemess aus Glashütte – eine kleine Marke getraut, ein Citizen-Miyota-Uhrwerk zu verschönern. Neben sorgfältig und optisch hochwertig gebläuten Schrauben wurde der Rotor des Kalibers 8218 mit einer tiefen Gravur verziert. „From Berlin with Love“ – und der abgekürzte Firmenname „F-W-B“ zieren die Schwungmasse. Damit sticht das sonst eher häufig in Uhren anzutreffende Kaliber aus der Masse heraus, und wirkt in der Teufelsberg sehr edel. Auf einen Kunststoffwerkhaltering verzichtet die Uhr zudem, das Uhrwerk ist solide mit Metallbriden im Gehäuse verschraubt.

Das Miyota-Uhrwerk wirkt edel mit den gebläuten Schrauben und dem aufwendig gravierten Rotor. Keine Selbstverständlichkeit für eine kleine Marke, diesen Aufwand zu treiben. © Thomas Gronenthal

Die Uhrenbox aus Bambusholz mit einem enthaltenen zweiten Armband runden das Bild ab, beide Lederbänder sind weich, hochwertig und mit Schnellwechselsystem versehen. Die Dornschließe ist aus Edelstahl, gut dimensioniert und mit dem Kreislogo von FineWatchesBerlin versehen.

Der Namenspatron

Links ist der Teufelsberg zu sehen. © Wschmock, Wikimedia Commons

Der Teufelsberg ist ein Trümmerberg im Westen Berlins, ein Wahrzeichen der Stadt und nach Messungen aus dem Jahr 2013 mit 120,1 Metern die zweithöchste Erhebung des Stadtgebiets. An seiner Stelle stand in den 1940er Jahren der Rohbau der Wehrtechnischen Fakultät, die im Rahmen des nationalsozialistischen Projektes der Welthauptstadt Germania gebaut werden sollte. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Anlage gesprengt und teilweise abgerissen. 22 Jahre lang luden später bis zu 800 Lastzüge täglich bis zu 7.000 Kubikmeter Schutt ab, am 14. November 1957 wurde der zehnmillionste Kubikmeter angefahren und der Teufelsberg wuchs weiter. Bis 1972 wurden insgesamt 26 Millionen Kubikmeter Trümmerschutt hier abgeladen, grob ein Drittel der Trümmer zerbombter Berliner Häuser. Den Namen hat der Berg vom nahe gelegenen Teufelssee. Auf dem Berg befinden sich die markanten Bauten einer Flugüberwachungs- und Abhörstation der US-amerikanischen Streitkräfte. Nach dem Abzug der Militärs wurde die Anlage von 1991 bis 1999 als Flugsicherungsradar-Station genutzt. Seitdem stehen die Gebäude leer und verfallen. Für Nicht-Berliner ist dieser Berg sicher kaum eines der bekannten Wahrzeichen, für Hauptstädter aber steht der Berg gleich für mehrere Ereignisse und Abschnitte in der Stadtgeschichte. Heute erobert sich die Natur das Gelände zurück – und die Uhr setzt dem Berg, der Geschichte und ihrem Lauf ein besonderes Denkmal.

Wannsee-tauglich

Nach diesem Ausflug in die Berliner Geschichte gilt es, der Uhr einen zweiten Blick zu schenken. Das Zifferblatt ist mit zwei Ebenen gestaltet, die kleine Sekunde ist vertieft angelegt. Ein umlaufender Ring in blau gedruckt grenzt das Zifferblatt zum Rehaut ab, Leuchtpunkte und -zeiger sorgen sogar in der Dunkelheit für Ablesbarkeit. Auch bei Tag sind die Kontraste so gut, das die Ablesbarkeit zu jeder Zeit bestens ist. Wenn die Ziffern zunächst noch an Nomos-Uhren oder die bekannten Designmerkmale des Bauhaus erinnern, verfügt die Uhr jedoch über so starke eigene optische Eigenschaften, das der Blick auf die Teufelsberg Freude macht. Der Durchmesser des Edelstahlgehäuses beträgt 40,5 Millimeter Durchmesser bei einer Höhe von 11,4 Millimetern inkl. dem Uhrglas. Bis zu 50 Metern hält die Uhr Wasserdruck stand – für den Wannsee reicht das locker, dann aber besser das Lederband abnehmen und gegen ein NATO-Strap tauschen!

Auf der linken Gehäuseflanke zeigt noch eine Gravur, wer die Uhr hergestellt hat: Das hätte nach meiner Meinung nicht sein müssen, zeigt das Modell doch auch so genügend eigene Identität.

Die Gravur auf der Flanke. © Thomas Gronenthal

Die Dornschließe aus Edelstahl mit Logo. © Thomas Gronenthal

Auf der Zeitwaage wie auch am Arm zeigt sich, wie die Dekoration auf das Uhrwerk wirkt: Es läuft wesentlich besser als der Durchschnitt aller von mir getesteten Miyota-Werke. Die Abweichung in den Lagen beträgt weniger als 5 Sekunden bei sehr guten Amplituden der Unruh von über 300 Grad bei Vollaufzug. Auch die berüchtigten Lageschwankungen sind wenig ausgeprägt. Diese Beobachtungen gelten natürlich nur für die getestete Uhr, aber sprechen generell für eine sorgfältige Fertigung oder Auswahl der verwendeten Uhrwerke. Und das setzt sich an allen anderen Teilen fort: hochwertige Auswahl und Fertigung scheint dem Entwicklerduo ein Anliegen zu sein. 50 Euro werden zudem von jeder verkauften Uhr an das Hilfsprojekt „Hands with Hands“ in Nepal gespendet. Das Projekt kümmert sich um Waisenkinder und Mikrokredite für Frauen.

Watchthusiast-Fazit:

Die Teufelsberg von Fine Watches Berlin by W. Liefer kostet 698 Euro. Neben dem weißen Zifferblatt sind auch Variationen mit silbernem oder schwarzem Blatt zu haben. In Anbetracht der Komponenten, der Verarbeitung und der Besonderheiten – doppeltes Saphirglas, aufwendig verziertes Uhrwerk, zweites hochwertiges Lederband und chice Bambusbox – ist der Preis mehr als fair. Zumal die Auflage recht klein ist, was die Marke hier noch deutlich abhebt von anderen Microbrands im Markt. Für Berliner ist eine Teufelsberg dann eh ein Muss, wobei ich hoffe und davon ausgehe, das der Teufelsberg noch weitere Uhren folgen werden. Es wäre dem Duo aus Vater und Tochter zu wünschen. Und nochmal: Diese Uhr hat mich wirklich überrascht, und sie gefällt mir. Die würde ich mir glatt selber kaufen.

Die Uhren sind exklusiv bei Juwelier Brose in Berlin-Spandau oder im Onlineshop von FineWatchesBerlin erhältlich.

Die Edelstahlkrone mit eingelegtem Markensignet. © Thomas Gronenthal

 

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