Review & Test

Test: Lebois & Co.

Lebois & Co. wurde als Uhrenfabrik im Jahr 1934 gegründet. Bis 1972 wurden Uhren mit diesem Namen verkauft, doch im Zuge der beginnenden Uhrenkrise stoppte die Produktion. Es begann ein bis in das Jahr  2015 reichender Dornröschenschlaf der Marke.

Lebois & Co. – eine originale Uhr aus dem Jahr 1945. ©Antiquorum

Der passionierte Niederländer Tom van Wijlick beendete diese Phase mit einem Kickstart. Lebois & Co. sammelte in kurzer Zeit über die Internetplattform für Crowdfunding Kickstarter Geld. Schnell kam mehr zusammen, als für den Bau der ersten Uhren nötig gewesen wäre. Die Euphorie im Markt ist groß, kleine Marken bekommen immer häufiger den Vorzug vor der prominent beworbenen Nobelmarke. Microbrands werden die Marken genannt, die mit oder ohne vergessene Historie in das Rennen um die Gunst der Käufer und Backer – wie die Unterstützer auf Kickstarter heißen – buhlen.

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Lebois & Co. Avantgarde Re-Edition. Avantgarde steht hier nicht für besonders ausgefallenes Design, sondern vielmehr eine Uhr, der noch viele folgen werden. ©Thomas Gronenthal

Das erste Modell zitiert die Vergangenheit, sagt der Macher Tom van Wijlick. Zum Preis von 1.700 Euro bekommt der Kunden ein bis 10 ATM wasserdichtes Stahlgehäuse mit einem Durchmesser von 40 Millimetern, ein Deckglas aus Saphir, sowie ein mechanisches Werk aus dem ETA-Regal. Als einer der ersten Blogs durfte ich eine der auf 100 Stück limitierten Uhren testen.

Gehäuse

Das mehrteilige Stahlgehäuse ist poliert und gebürstet. Die Verarbeitung ist gut, ein Flankenschutz bewahrt die Krone vor Stößen. Die Wasserdichte wird mit 100 Metern angegeben, die Konstruktion des Bodens bietet ein solides Vollgewinde sowie eine gut dimensionierte und in einer umlaufenden Nut liegende O-Ring-Dichtung. Die Krone ist nicht verschraubt und gut zu bedienen. Einzig bei Handaufzug wünscht man sich mehr Grip, um die Zugfeder effektiv spannen zu können. Der Boden ist massiv, kein Sichtglas minimiert die Fläche für Gravuren. Das ist ungewöhnlich, zumal die vollflächige Politur als Magnet für Kratzer beim Ablegen wirken kann. Insgesamt ist das Gehäuse solide und robust – ohne dabei besonders aufregend zu sein.

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Die Krone trägt eine Gravur des Kurzlogos. ©Lebois & Co.

Uhrwerk

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Messung der Zeitwaage in liegender Lage, Zifferblatt oben. ©Thomas Gronenthal

Das 2824-2 ist der Traktor der Schweizer ETA. Das in unterschiedlichen Qualitätsstufen erhältliche Uhrwerk wird bei Lebois & Co. in der Standard-Version verbaut. Da der massive Stahlboden das Uhrwerk vor neugierigen Blicken schützt, fällt das kaum auf. Die Gangwerte könnten allerdings besser sein: In den liegenden Lagen weicht das Werk in der Testuhr um stets mehr als 20 Sekunden ab, in den hängenden Lagen ist es etwas weniger. Auch der Abfallfehler ist ein Indikator für wenig Liebe beim Regulieren. Mit 0,3 bzw. 0,5 ms ist der Wert hoch. Die Amplitude ist ausnahmslos sehr gut. Da das Werk nagelneu war, kann sich die Gangleistung nach einer Einlaufzeit noch verbessern.

Mit einer sorgfältigen Regulierung von Abfall und Abweichung könnte das Uhrwerk mühelos Chronometerwerte erreichen.

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Ein Blick hinter die Kulissen: Das ETA 2824-2 mit Etachoc-Stoßsicherung und Etachron-Feinregulierung. Der Gehäuseboden ist von innen sandig matt und mit dem Logoschriftzug versehen – ein schönes Detail. Der Werkhaltering aus Kunststoff ist ein Wermutstropfen. ©Thomas Gronenthal

Ebenfalls unauffällig unter dem Stahlboden ist der Werkhaltering aus schwarzem Kunststoff versteckt – ein kleiner Wermutstropfen. Ein Ring aus Metall würde für mehr Liebe zur Uhrmacherei stehen.

Zifferblatt / Zeiger

Das Glanzstück der Lebois & Co. ist das Zifferblatt. Auf mehreren Ebenen sorgt das hochwertig gefertigte Blatt für Lichtreflexe und außergewöhnliche Ansichten einer Uhr. Sonnenschliff und Guilloche wechseln sich ab, aufgesetzte Indexe in Silber harmonieren mit den silbernen Zeigern mit Leuchtmasse. Die Bedruckung erfolgte in Blau mit schwarzer Logo-Schrift, die Markierung für die 60 ist Rot und harmoniert mit dem ebenfalls roten Sekundenzeiger. Zwischen sechs und acht Uhr ziert der Modellname „Avantgarde“ den Stundenring.

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Ein wirklich gelungenes Zifferblatt mit einem außergewöhnlichen Zeigersatz. ©Thomas Gronenthal

Apropos Zeiger: Die sind alle drei perfekt in der Länge, auch die Verarbeitung ist hochwertig.

Das Gesicht der Uhr ist außergewöhnlich und lässt die Uhr aus der Menge herausstechen. Details wie das Auge des Sekundenzeigers machen Freude beim Betrachten!

Armband / Tragekomfort

Die Uhr kommt mit zwei Bändern – einem NATO-Strap und einem Alligatorband mit Faltschließe, beide in dunklem Blau. Das Alligatorband ist sehr hochwertig gefertigt und mit einer Doppelfaltschließe mit Drückern versehen. Das NATO-Strap entspricht einer Standardqualität, trägt sich angenehm und verwandelt die Uhr in ein sportliches Wochenendgerät. Denn 100 Meter Wasserdichte und ein wasserfestes Armband machen die Uhr auch durchaus badetauglich. Ein Wechselwerkzeug liegt bei.

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Der gravierte und hochglanzpolierte sowie sorgfältig verarbeitete Boden verbirgt den Blick auf den Antrieb. Zwar reichen die Bandanstöße über den Boden hinaus, dennoch sind Kratzer zu befürchten. ©Thomas Gronenthal

Fazit

Die Uhr bietet einiges für den Käufer und Sammler. Von der Re-Launch-Edition wird es jeweils nur hundert Stück geben – mit silbernem Zifferblatt, und weitere 100 Stück mit blauem Zifferblatt. In beiden Varianten ist das Blatt der Star der Uhr, die Optik und die Verarbeitung im Detail ist hervorragend. Auch die Ausstattung kann sich sehen lassen. Bei einem Preis von 1.700 Euro wäre ein Werk in Elaboré-Ausstattung – mit Zierschliffen auf den Brücken und Kloben – oder beim Stahlboden vorzugsweise einer höheren technischen Ausstattung wie Top oder Chronometré – auch möglich gewesen. Die wenig präzise Regulierung trübt den Eindruck noch etwas. Aber ein Re-Launch kann nicht immer ein fliegender Start sein: Es ist noch Luft nach oben.

Die gesamte Uhr ist respektabel in der Idee und Ausführung, das Zifferblatt hebt die Lebois & Co. aus der Masse. Und einer von 100 sein, die diese Uhr tragen – das ist fast unbezahlbar. Zumal der Inhaber mit Leib und Seele hinter seinem Produkt steht. Ich bin persönlich gespannt, was hier noch aus der niederländisch-schweizerischen Kooperation hervorgehen wird!

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Seit kurzem erhältlich: Die Avantgarde mit blauem Zifferblatt, ebenfalls auf 100 Stück limitiert. ©Lebois & Co.

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