PorträtVintage-Uhren

Hektisch: Das El Primero von Zenith

Das automatische Chronographenwerk mit 36.000 Halbschwingungen gilt als eines der genauesten und besten Uhrwerke der Welt. 1969 kam „der Erste“, für das der Name El Primero steht, auf den Markt. Das Uhrwerk mit einem Durchmesser von 13,5 Linien und einer Höhe von nur 6,5 Millimetern galt sofort als Meilenstein. Nicht nur die Gangreserve betrug mehr als 48 Stunden, auch die Unruhe hatte es eiliger als damals üblich: Das Herz des El Primero schlägt mit 36.000 A/h und erlaubt daher eine Messung der Zehntelsekunde. Zudem ist ein Schnellschwinger weniger empfindlich gegen äußere Einflüsse wie die Schwerkraft oder Erschütterungen und bietet daher eine höhere Genauigkeit.

Die Rolex Daytona mit legendärem El Primera-Uhrwerk. © Rolex

 

Ein El Primero, hier in der Version von Movado-Zenith. © Antiquorum

Der technologische Siegeszug des El Primero war kaum aufzuhalten – das flache Uhrwerk hatte deutliche Vorteile und maß zudem die Zeit sehr präzise. Erstmals wurde damals eine Trockenschmierung auf der Basis von Molybdänsulfat verwendet. Neben zahlreichen Kollektionen im Programm von Zenith hatte das El Primero einen der berühmtesten Auftritte über mehr als ein Jahrzehnt „undercover“. 1989 begann Rolex, eine modifizierte Version in die Daytona Cosmograph einzubauen. Damit wurde die Daytona zu einer automatischen Uhr – und behielt das Uhrwerk von Zenith bis zum Jahr 2000 bei. Bei diesem Einsatz wurde das Werk technisch verändert: Neben einer reduzierten Schwingfrequenz von nur noch 28.800 A/h wurde die Hemmungsgruppe auf Rolex-Standard mit Mikrostella-Regulierschrauben umgebaut. Auch andere Marken verwendeten das El Primero über die Jahre – darunter Ebel, Dunhill, DuBois et fils, TAG Heuer und Daniel Roth.

In den Farben des Regenbogens: Die Zenith Rainbow. © Antiquorum

 

Bei Zenith markierte das Uhrwerk mit der hektischen Hemmung über die Jahre die Spitze der technologischen Machbarkeit. Zum Einsatz kommt das Werk dabei in eleganten wie auch in sportlichen Modellen, die bei Fans bis heute beliebt sind. Zwischen Instrument und edler Uhr kommt die El Primero Rainbow daher. Das Modell markiert einen der Dauerbrenner im Programm von Zenith. Eine besonders farbenfrohe Version gilt bei Sammlern als beliebt – und verfügt über ein besonderes Extra: Die Referenz 02.0480.405 bietet eine Flyback-Funktion, mit der eine Nullsetzung und sofortiger Beginn einer neuen Stoppmessung möglich ist. Durch die große Modellvielfalt über die Jahre sind die Einstiegspreise für gebrauchte Zenith El Primero bezahlbar: Ab 1.500 Euro sind Modelle, meist aus den 1990er und 2000er Jahren, zu haben. Allerdings sollte stets ein ordentlicher Betrag für eine fachkundige Revision eingeplant werden, denn meist sind die Uhrwerke nicht mehr präzise und bedürfen einer kundigen Hand. Modelle wie die Epervier, Pacific und Academy zählen zu den kostengünstigen Uhren. Der Einstieg in die Rainbow-Kollektion beginnt bei 2000 Euro, die bekannte Rainbow mit farblich akzentuiertem Zifferblatt kostet ca. 3.000 Euro. Zu den seltenen Vertretern gehört die Zenith Defy, die in den Zenith-Kollektionen der 1990er Jahre im Einstiegslevel angesiedelt war. Die sportliche Uhr mit Edelstahl- oder Lederband von damals baut heute eine Brücke in das Jahr 2017.

Eine Erstzeit-El Primero aus den 1970er Jahren. Das Design findet den Weg in die Neuzeit – im Jahr 2017. © Antiquorum

 

Auf der Baselworld in diesem Jahr stellte Zenith eine Uhr vor, die nicht nur Zehntelsekunden stoppen kann, sondern sogar Hundertstelsekunden. Was üblicherweise einer digitalen Quarzuhr vorbehalten ist, schafft in der Defy El Primero 21 das neue Kaliber El Primero 9004. Das aufwendige Werk ist zweiteilig aufgebaut und setzt ein Zeichen für das 21. Jahrhundert. Einem entscheidenden Detail bleibt Zenith treu: Der hohen Unruhfrequenz, die mit 36.000 A/h dem Original aus 1969 entspricht. Zu erkennen ist das Uhrwerk stets an dem sehr flüssig gleitenden Sekundenzeiger, der hohen Präzision und dem sehr hektischen Tickgeräusch. Bei dem neuen Kaliber verfügt die Stoppfunktion über ein eigenes Uhrwerk mit separater Hemmung, die mit 360.000 A/h schwingt. Das Chronographen-Werk oszilliert so mit 50 Hertz und macht den Stoppvorgang auf die Hundertstelsekunde möglich. Das hat einen Preis – neben dem Preisschild ab 9.700 Euro in Titan oder der skelletierten Variante in wahlweise Titan (10.600 Euro) oder in keramisiertem Aluminium für 11.500 Euro: Die Gangreserve für den Chronograph reicht für nur 50 Minuten. Beide Werke können über die Krone aufgezogen werden – in die eine Richtung wird die Zugfeder des Stoppwerkes, in die andere die des Gehwerkes gespannt.

Das neue Zenith El Primero. © Zenith

Im Zentrum des Zifferblatts rotiert der Zeiger für die Hundertstelsekunde, während ein Hilfszifferblatt bei sechs Uhr die gestoppten Sekunden ausweist. Aufgrund der begrenzten Gangreserve des Stoppwerkes gibt es keinen Stundenzähler, wie ihn das ursprüngliche El Primero von 1969 besitzt, sondern einen 30-Minuten-Zähler auf der drei-Uhr-Position. Dennoch lassen sich optische Parallelen zum Layout des Ursprungswerkes nicht verhehlen, und ganz wie damals dreht die laufende Sekunde ihre Runden auf neun Uhr. Der Durchmesser der Gehäuse beträgt 44 Millimeter. Auch nach fast 50 Jahren hat Zenith wieder eines bewiesen: Kein anderer Hersteller beherrscht die mechanische Hochfrequenzuhr in diesem Maße. Seit 1969 setzt das El Primero Maßstäbe, und die Version für das 21. Jahrhundert setzt dies nur logisch fort. Und so wird aus einem Uhrwerk ein Mythos, der jeden Uhrenkenner begeistert. Keiner tickt schneller, und das macht ein El Primero zu einem „Must Have“ in einer Uhrensammlung.

Ein Meisterwerk – klassisch und doch auf der Höhe der Zeit. © Zenith

 

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1 Kommentar

  1. Das Uhrwerk ist fantastisch, ich besitze eine Rainbow aus den 90ern. Allerdings muss man sich drauf einrichten, alle fünf Jahre einen Service machen zu lassen. Und das auch bei einem wirklich guten Uhrmacher (spreche da aus Erfahrung….).

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