Zugegeben, manch einer mag denken: Schon wieder eine Constantin Weisz im Test. Ist Watchthusiast jetzt zum verlängerten Arm des Teleshoppings geworden? Nein – aber wir sind mit einer Sache bestechlich: Besondere Uhren mit besonderen Werken. Daher freute ich mich auch Anfang des Jahres, als Dirk Motz von Constantin Weisz ankündigte, das er mit einem geringen Lagerbestand an originalen, nie verwendeten Valjoux 7767 einen Regatta-Chronographen bauen wird. Zu den Uhren von Constantin Weisz muss bemerkt werden, das es mittlerweile zwei Kollektionen gibt: Zum einen die Modelle der Basic Line, die mit aktuellen Kalibern meist asiatischer Herkunft ticken, und die Professional Line, in der besondere und meist NOS-Werke aus der Schweiz arbeiten. Dieser Test hier beleuchtet die Professional Line.
Warum erfordert eine Regatta – also quasi ein Rennen von Segelbooten – ein besonderes Timing? Ein Segelboot lässt sich nicht zum Start wie ein Rennwagen an einer Startlinie positionieren – der Start einer Regatta erfolgt fliegend. Beim sogenannten Match Race, bei dem nur zwei Boote gegeneinander antreten, ist die Vorstartphase zehn Minuten lang, beim Fleet Race mit mehreren Booten fünf Minuten. Eine bestimmte Flagge und ein Schuss signalisieren den Zeitpunkt, zu dem die Boote lossegeln können. Vier Minuten und eine Minute vor dem Start sowie beim Start selbst erfolgen weitere Signale. Erst dann darf die Startlinie passiert werden. Überquert jemand zu früh die Startlinie, muss das Boot entweder zurück oder wird sogar disqualifiziert. Während der Vorstartphase versuchen die Boote daher, eine gute Position zu erreichen und bereits Fahrt aufzunehmen, um direkt nach dem Startschuss mit möglichst hoher Geschwindigkeit über die Linie zu segeln. Um das zu unterstützen, tragen die Skipper einen Regatta-Chronographen.
Memosail: Der erste Regatta-Timer
Für diesen Zweck wurde bereits 1972 ein Patent von Valjoux, dem berühmten Hersteller von Chronographenwerken, eingereicht. Als Basis wurde das Valjoux 7733 genutzt, eine Zahlenscheibe zeigte zusammen mit dem Stoppsekundenzeiger den Countdown von zehn Minuten an. Die erste Uhr, die dieses Werk bekam, war die Memosail Olympic Yachtsmans Chronograph. Später wurde das berühmte Valjoux 7750 entwickelt, das bis heute verwendete automatische Chronographenwerk, das später in der ETA – dem größten Werkehersteller der Schweiz – aufging. Was kaum bekannt ist: Neben dem Basis-7750 gab es zahlreiche Varianten. Darunter bis heute das 7751 mit Kalenderanzeigen, oder das längst nicht mehr gebaute 7765 als Handaufzugwerk. Noch seltener – und damit praktisch kaum auf dem Markt zu finden – ist das 7767. Hier wurde die Regatta-Anzeige des 7733 mit einigen Änderungen auf das Handaufzug-Kaliber 7765 übertragen. Erhalten geblieben ist die in drei Segmente eingeteilte Scheibe, die in einem Drittelsegment-Fenster im Zifferblatt sichtbar ist. Von allen Uhrwerken, die je in der Schweiz gebaut wurden, gehört dieses zu den seltensten. Gebrauchte Uhren damit lassen sich an einer Hand abzählen – diese Werke neu zu finden, ist ein Lottogewinn. Denn nur wenige tausend Stück wurden davon produziert. 67 Stück – plus eine Reserve für Service – finden jetzt den Weg in eine limitierte Edition von Constantin Weisz. Die Yacht Timer kommt in einem Gehäuse daher, das auf den ersten Blick an die 1970er Jahre erinnert. Diese Form mit dem aufwendigen Sonnenschliff wurde von Marken wie Omega oder Seiko vielfach damals verwendet. Die Verarbeitung ist makellos, Schliffe und Polituren sind sauber aufgebracht. Das Gehäuse ist bis 120 Meter wasserdicht und damit absolut regatta- wie auch poolgeeignet.
Das Zifferblatt ist in blau gehalten, der abgeschrägte Rand trägt dabei die Countdown-Skala für die Sekunden. Weiß abgesetzt Felder sorgen für Struktur, sowohl das Rehaut wie auch das flache Blatt sind in Sonnenschliff gehalten. Die Bedruckung der wichtigsten Kenndaten – 17 Jewels für die Zahl der Rubine im Uhrwerk sowie 120 Meter / 400 Feet für die Wasserdichte – ist im identischen Drucktyp zu den klassischen Memosail-Uhren gesetzt. Das ist ein schönes Detail – die Zeiger zeigen indes auch, das hier nicht gespart wurde. Sie sind glänzend poliert an den Seiten, eine Einlage in Blau macht Stunden- und Minutenzeiger farblich passend zum Zifferblatt. Ebenfalls wurde Leuchtmasse eingesetzt, der äußere Zifferblattrand trägt passend dazu Leuchtpunkte. Bei denen zählte der Wille allerdings mehr als die Wirkung. Ob der Größe muss man schon sehr genau hinsehen, um die Leuchtkraft der Punkte wahrzunehmen. Der Zeiger für die Stoppsekunde ist orange, farblich passend zum letzten Drittel der Countdown-Scheibe. Generell ist aber die Verarbeitung und Detailverliebtheit auf einem sehr hohen Niveau – Respekt für diese zeitgenössische, aber trotzdem moderne Einkleidung des historischen Uhrwerks.
Beste Gangwerte
Apropos Werk: Das Valjoux 7767 verfügt über 17 Steine, sowie eine Kulissenschaltung für den Chronographen. Trotz fehlendem laufenden Sekundenzeiger bietet das Uhrwerk einen Stopp der Unruh beim Zeiteinstellen. Wer auf einen permanenten Sekundenzeiger Wert legt, muss den Chronographen dauernd mitlaufen lassen. Wer allerdings Genfer Streifen oder anderen Zierrat sucht, ist bei diesem Werk an der falschen Adresse. Es ist matt silbern, das muss reichen – entspricht aber auch den 1970er Jahren mit einem eher technischen als optischen Anspruch. Und die Funktionen lassen sich bestens beobachten – das Auslösen des Chronographen ebenso wie die Nullstellung.
Das Uhrwerk trägt die originale Valjoux-Punze unter der Unruh, ein herrliches Detail, das heute längst durch die ETA-Punze verdrängt wurde. Die Gangreserve beträgt satt über 50 Stunden, der Handaufzug ist weich wie Butter. Verbaut wurde neben der Incabloc-Stoßsicherung eine Chronometer-Unruh, also die technisch beste verfügbare Unruh für die 7750-Familie. Und die Gangwerte zeigen das auch: Liegend ist die Linie auf der elektronischen Zeitwaage schnurgerade, die Abweichung beträgt exakt +/- 0 Sekunden / 24 Stunden. Die Amplitude liegt bei 305 Grad, ein Wert, den ein nagelneues Valjoux 7750 heute auch haben sollte. Mit Ablauf der Gangreserve beginnt das Uhrwerk leicht vorzueilen, am Arm ist keine Abweichung über den Tragetest-Zeitraum von einer Woche feststellbar.
Am Arm befestigt wird die Yacht Timer mit einem massiven Band aus Edelstahl im Fishbone-Design. Verschlossen wird es mit einer eher einfach gehaltenen Drückerfaltschließe. Hier würde ich mir noch eine etwas wertigere Lösung wünschen, die besser zur Qualität des Gehäuses passt. Der Tragekomfort ist dennoch einwandfrei, die Uhr mit einem eher hohen Gewicht liegt angenehm am Arm.
Was gibt’s noch so am Markt der Regatta-Uhren?
Bei einer so seltenen Komplikation lohnt sich ein Blick auf den Wettbewerb. Und da wird es recht dünn: Eine sehr ähnliche Uhr bietet aktuell nur Frederique Constant. Die Uhr nutzt ein Selitta SW500, den Nachbau des ETA 7750. Kostenpunkt für die Constant: 3.495 Euro.
Für 2.750 Euro gibt es von TNG Swiss Watches den Classic Tornado Sailing Chronograph, ebenfalls mit einem Uhrwerk auf Basis des ETA 7750. Wer ein Vermögen anlegen will, wird auch in Genf bei Rolex fündig: Die Oyster Perpetual Yacht-Master II bietet einen ebenfalls mechanischen Countdown, der über die Lünette gesteuert werden kann. 17.450 Euro müssen dafür auf den Tisch des Hauses gelegt werden.
Watchthusiast-Fazit:
Ein seltenes Uhrwerk in einem tollen Gehäuse ergeben eine reizvolle Kombination, die zudem vollkommen alltagstauglich ist. Mit seinen mechanischen Spezialitäten, die neben der normalen Basic Line-Kollektion bei Constantin Weisz laufen, stellt Dirk Motz regelmäßig echte Schätzchen auf die Beine.
Welcher Preis am Ende in den Teleshopping-Auktionen von 1.2.3-tv erzielt wird, das stellt sich erst in der ersten Sendung heraus. Verglichen mit den Konkurrenzangeboten von Frederique Constant und TNG zeigt sich, das ein Preis von über 2.000 Euro absolut gerechtfertigt wäre. Zumal die Wettbewerber auf einem aktuellen Großserienwerk basieren, nicht auf einem nur wenige tausend Mal gebauten originalen Valjoux-Uhrwerk aus den 1970er Jahren.
Insofern können sich die Freunde spezieller Uhrenmodelle, die es nicht an jeder Ecke gibt auf die kommenden Uhrenshows mit Dirk Motz freuen. Die wilden Moderatoren müssen dabei als schmückendes Beiwerk in Kauf genommen werden….
tg