Review & Test

Review: Praesidius A-11 Service Watch

Es gibt viele Geschichten, die sich mit Uhren befassen: Welche war zuerst auf dem Mond, welche hat die schnellsten Runden auf dem Rundkurs von Daytona zurückgelegt, oder welche ist die erste Wahl bei Piloten. Dieses Mal geht es um eine Uhr, die verloren ging – aber bei einem historischen Ereignis.

Thomas Marcus Rice wird 1941 mit 22 Lebensjahren in die US-Armee einberufen. Er wird Fallschirmjäger im 501. Parachute Infantry Regiment der 101st Airborne Division, kommandiert von Colonel Howard Ravenscroft Johnson. 1944 beginnen die Vorbereitungen der alliierten Truppen zum Ende des Krieges – auch Tom Rice springt am 6. Juni 44 über der Normandie ab – während das Flugzeug unter dem Beschuss der deutschen FLAK-Stellungen steht und getroffen wird.

Während des Absprungs verletzt sich der junge Soldat, trotzdem geht er in den Kampf. Nur eine Sache ist verloren gegangen: Seine Dienstuhr gemäß der A-11-Spezifikationen der USA-Armee. Die originale A-11-Uhr, auch Field- oder Trench Watch genannt, aus den 1940er Jahren wurde von mehreren Herstellern, unter anderem Bulova, gemäß den Spezifikationen der Armee hergestellt. Später wird Tom Rice aus der Normandie abberufen und setzt seinen Kampf im Berchtesgadener Land fort – rund um den Berghof, das Führerhauptquartier Adolf Hitlers in den Alpen.

Die originale Karte von 1944 mit der Absprungzone in der Normandie.

Im Jahr 2019, 75 Jahre später, springt Tom Rice im Alter von 97 Jahren erneut aus einer C-47 über der Normandie ab, um das Jubiläum des D-Days zu feiern. An seinem Arm: Die A-11-Dienstuhr, neu aufgelegt von Praesidius Watches.

© Thomas Gronenthal

Gehäuse & Armband

Die Uhr ist eine Replik der originalen Dienstuhr und folgt auch den technischen Spezifikationen aus den 1940ern – allerdings mit modernen Materialien und erhältlich in zwei Größen. Im Test ist die A-11 der Tom Rice-Edition mit weißem Zifferblatt und einem Armband aus olivgrünem Canvas. Der Durchmesser des Gehäuses beträgt 42 Millimeter, eine kleinere Version ist mit 38 Millimeter erhältlich.

© Thomas Gronenthal

Die Oberfläche der Uhr ist sandgestrahlt, die Oberseite der Bandhörner ist poliert. Das Gehäuse ist sehr gut verarbeitet, die Oberflächen sind makellos. Der verschraubte Boden ist mattiert und graviert und dichtet die Uhr bis zu Tiefen von 50 Metern ab. Das ist alltagstauglich und ausreichend für die Badewanne. Das Armband besteht aus Canvas, sauber verarbeitet und sorgfältig vernäht. Es trägt sich – wie die gesamte Uhr – sehr angenehm. Das geringe Gewicht der A-11 erhöht den Tragekomfort.

Die Anforderungen an den Bautyp A-11.

Das Uhrglas ist ein K1-Mineralglas, doppelt gewölbt. Das unterstützt den Vintage-Effekt – die damaligen Uhren hatten ein gewölbtes Plastikglas – aber birgt auch das Risiko, im Falle eines Glasbruches auf den Herstellerservice zurückgreifen zu müssen.

© Thomas Gronenthal

Zifferblatt & Zeiger

Auch in diesen Details folgt die A-11 von Praesidius dem historischen Vorbild. Das lackierte Zifferblatt ist mit Leuchtpunkten versehen und bedruckt – applizierte Indexe sucht man beim Konzept der Dienstuhr vergebens. Die pure Funktion steht im Vordergrund – unter allen Umständen die Zeit lesen können, bei Tag und Nacht. Dem folgen auch die Leuchtzeiger, die gut zu unterscheiden sind und in der Nacht sogar noch etwas stärker leuchten als die Leuchtpunkte.

© Thomas Gronenthal

Uhrwerk & Gangwerte

Als Uhrwerk kommt die Allzweckwaffe zahlreicher Microbrands zum Einsatz: Das Seiko-TMI NH35, ein automatisches Werk aus dem Seiko-Konzern. Es ist zuverlässig, arbeitet mit 24 Lagersteinen, 21.600 A/h und verfügt über Sekundenstopp und zusätzlichen Handaufzug. Damit entspricht es sogar der Vorgabe aus den 1940er Jahren – die A-11 mussten stets über einen Sekundenstopp zum präzisen Abgleich der Zeiten verfügen.

Es muss sich weder auf der Zeitwaage noch am Arm verstecken und erreicht solide Gangwerte mit Abweichungen zwischen 8 und 13 Sekunden in 24 Stunden. Ein kleiner Wermutstropfen: Das Uhrwerk ist mit einem Plastik-Werkhalter in das Gehäuse eingesetzt.

© Thomas Gronenthal

Watchthusiast-Fazit:

Das ist eine solide Uhr – und eine schöne Geschichte. Tom Rice und viele seiner Kameraden tragen heute wieder exakt dieselbe Uhr wie damals. Und damals wie heute wird die Uhr in den Vereinigten Staaten gefertigt bzw. montiert.

Hinzu kommt der Preis: Die Version wie hier getestet kostet 195 US-Dollar. Das ist ein sehr günstiger Preis für viel Uhr. Dieses Design und die Präzision hat damals viel dazu beigetragen, feindliche Operationen im Kampf gegen den Faschismus zu steuern. Das – und die Unterstützung von Veteranen-Verbänden durch den Hersteller Praesidius – macht die Uhr umso wertvoller für jeden Träger.

Tom Rice hat übrigens seinen 100. Geburtstag mit einem weiteren Fallschirmsprung in seiner Heimatstadt Coronado in Kalifornien begangen. Die Landung am Strand vor dem Hotel Del Coronado war allerdings weniger aufregend als damals in der Normandie, wo sich Tom Rice mit einem Taschenmesser aus seinem Geschirr befreien musste.

Der Sprung zum 100. Geburtstag: Tom Rice kann es nicht lassen! © Gabe Ramirez

 

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