Review & Test

Review: Tissot PRX Powermatic 80

Vintage und Retro sind schon seit Jahren verlockende Themen für Uhrenhersteller – statt neuer Designs von morgen werden die bewährten Modelle aus der Vergangenheit an die Gegenwart angepasst. Das hat auch Tissot gemacht – und vor einigen Jahren die PRX als Quarzversion auf den Markt gebracht. Wenig später kam auch eine Version mit Automatikwerk in die Läden – und erfuhr sofort einen Run wie selten in einer Preisklasse unter 1.000 Euro.

Die originale Seastar aus den 1970er Jahren.

Gehäuse & Armband

Und tatsächlich, für aktuelle 695 Euro Preisempfehlung bietet Tissot erstaunlich viel Uhr. Das massive Stahlgehäuse mit 40 Millimetern Durchmesser ist sauber verarbeitet, polierte und mattierte Flächen wechseln sich ab. Der Boden ist nur gedrückt, dichtet die Uhr aber zuverlässig bis 100 Meter Tiefe ab. Die Formensprache ist deutlich an das Ende der 1970er Jahre angelehnt, und Ähnlichkeiten zu Modellen aus der Feder von Gerald Genta sind nicht zufällig. Klassiker wie die Audemars Piguet Royal Oak oder die Patek Philippe Nautilus kamen Anfang der 70er auf den Markt. Auch das Zifferblatt mit Hufnagelmuster und die Zeiger setzen eine Reminiszenz an die eigene Tissot-Vergangenheit wie auch an Klassiker wie die Royal Oak. Die Leuchtkraft der Zeiger und Indexe sollte aber nicht überbewertet werden, nach wenigen Minuten Dunkelheit erreicht auch die klare Ableskarkeit enge Grenzen. Das letzte Detail, und historisch korrekt zum damaligen Vorbild Tissot Seastar umgesetzt, ist das Ansatzband aus Edelstahl, das sich nahtlos mit einem Schnellwechselansatz an den Gehäusekorpus schmiegt.

© Thomas Gronenthal

Wäre das Band noch einen halben Millimeter dicker, würden die Proportionen besser zum Gehäuse passen – es wirkt etwas dünn. Dennoch trägt es sich solide und sicher, eine Doppelfaltschließe sorgt für sicheren Sitz am Handgelenk. Die Preisklasse spürt man allerdings beim Kürzen des Armbandes: Statt verschraubter Glieder kommen Stifte und Hülsen in der Bandmitte zum Einsatz.

Als Deckglas kommt ein Saphirkristall mit Entspiegelung zum Einsatz, das Bodenglas ist aus Mineral.

© Thomas Gronenthal

Uhrwerk

Auch beim Zifferblatt und dem Zeigersatz setzt sich die sorgfältige Verarbeitung von Tissot fort. Für eine Uhr der Großserie ist das Preis-Leistungsverhältnis hervorragend. Einen besonderen Blick verdient das Uhrwerk: Als Antrieb wählt Tissot das Powermatic 80-Werk, ETA C07.111. Es basiert komplett auf dem ETA 2824-2, mit einigen feinen Unterschieden. So wurde die Zugfeder dünner ausgeführt, der Federkern im Durchmesser reduziert – gemeinsam mit der Reduktion der Schlagzahl von 28.800 A/h auf 21.600 A/h bewirken die Verlängerung der Gangreserve auf 80 Stunden. Wie leicht das möglich ist, beweisen schon die Modelle der ETA 2840-Reihe. Die unter anderem in der Automatic-Swatch eingesetzten Uhrwerke arbeiten ebenfalls mit 21.600 A/h und erreichen bereits eine Gangreserve von knapp 60 Stunden.

© Thomas Gronenthal

Die wahre Revolution des Powermatic liegt gut verborgen unter den Werkbrücken: Die Hemmung. Statt eines Ankers mit Rubinen und eines Ankerrades aus Stahl kommen Spritzgußteile aus Plastik zum Einsatz. Das Hightech-Escapement entspricht praktisch komplett der Kunststoffhemmung aus verschiedenen Swatch-Modellen mit den Pre-Swissmatic-Uhrwerken. Interessantes Detail: Üblicherweise gelten synthetische Hemmungen als schmierfrei. In diesem Fall jedoch nicht – der zur Swatchgroup gehörende Ölhersteller Moebius wird zwingend mit einem speziellen Silikonöl für den Anker vorgeschrieben.

Anker und Ankerrad sind aus synthetischem Material. © Thomas Gronenthal

Gangwerte

Einen Blick verdienen die Gangwerte: Am Arm getragen läuft das Uhrwerk nahezu sekundengenau. Selbst nach einen Monat Tragezeit ist die Abweichung auf den gesamten Zeitraum gesehen unter einer Minute. Das ist hervorragend. Anders sieht es auf der elektronischen Zeitwaage aus – hier streut das Kaliber deutlich, je nach Spannungszustand der Zugfeder. Die Lagenstabilität hingegen ist exzellent, ähnlich gut wie bei einem ETA 2824-2. Laut Zeitwaage ist die Tendenz meist ins Minus, was am Arm jedoch offenbar ausgeglichen wird.

Reguliert wird das Kaliber übrigens über zwei Regulierschrauben an den Unruhschenkeln – eine Aufgabe, für die man einen speziellen Halter für die Unruh benötigt.

© Thomas Gronenthal

Watchthusiast-Fazit:

695 Euro für ein Design, das man durchaus ikonisch nennen kann, und ein Uhrwerk, dass sich im Alltag mehr als ausgezeichnet schlägt: Das ist ein fairer Deal. Zudem ist die Tissot PRX Powermatic 80 wasserdicht bis 100 Meter, verfügt über ein entspiegeltes Saphirglas und wenig Potential für Verbesserungen. Wenn, fallen da nur die Leuchtmasse ein, und ein möglicherweise etwas besseres Gewichtsverhältnis zwischen Gehäuse und Armband. Ansonsten ist die Tissot eine perfekte Uhr für alle Tage, die zudem auch noch ihren Wert erhält: In den einschlägigen Foren und auf den bekannten Marktplätzen sind gebrauchte Modelle mit nur geringem Wertverlust zum Listenpreis zu kaufen.

© Thomas Gronenthal

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